So will der Kanton die Wälder fit machen für die Zukunft – Waldbesitzer sollen länger unterstützt werden
Der Wald hat zu kämpfen – auch im Aargau. Der Klimawandel führt dazu, dass die Böden trockener werden, die Bäume mehr Stress haben, und Stürme und Schädlinge wie der Borkenkäfer setzen ihm arg zu. Darum hat der Grosse Rat Ende 2020 ein Massnahmenpaket für die nächsten vier Jahre beschlossen. Damit werden Waldeigentümer bei der Aufforstung der entstandenen Schadenflächen unterstützt, damit arten- und strukturreiche Waldbestände entstehen, die sich den veränderten Klimabedingungen besser anpassen können.
Nach etwas mehr als der Hälfte der Laufzeit präsentierte der Kanton am Freitag eine Bilanz und lud die Medien ins Oberholz in Aarau ein. Dort erklärten Experten, wie der Wald für die Zukunft fit gemacht wird. Viel macht die Natur selbst – die sogenannte Naturverjüngung hat viele Vorteile, wie Roger Wirz, Leiter Forstbetrieb Region Aarau, erklärte: «Es wachsen Pflanzen, die sich hier wohl fühlen. Zudem bilden diese rascher tiefe Wurzeln – bei trockenem Wetter haben diese Bäume weniger Mühe als jene, die wir frisch gepflanzt haben.»
Der Wald soll auch in 100 Jahren noch fit sein
Doch manchmal kann es durchaus sinnvoll sein, durch sogenannte Ergänzungspflanzungen zukunftsfähiger Baumarten unterstützend einzugreifen. Fabian Dietiker, Leiter Abteilung Wald, erläutert: «Es geht darum zu schauen, was für Bedingungen in 50, 80 oder 100 Jahren herrschen und welche Baumarten damit optimal zurechtkommen.» Auf einer Liste sind 23 einheimische, klimafitte Baumarten zusammengestellt. Dazu gehören verschiedene Ahorn- oder Eichenarten, aber auch Hagebuchen, Kirschen oder Pappeln.
Hinzu kommen «Gastbaumarten» wie Douglasien oder Roteichen – diese werden gefördert, aber auf maximal zehn Prozent der Schadenflächen. «Es sind Baumarten, mit denen man gute Erfahrungen gesammelt hat, sie könnten in der Zukunft in der Holzindustrie als Ersatz dienen», erklärt Dietiker. Der Wald der Zukunft soll also diverser werden. Durch mehr unterschiedliche Baumarten kann das Risiko verteilt werden, sodass der Wald störungsresistenter ist, also besser geschützt gegenüber Krankheiten und Schädlinge.
Zeitweise legten Waldbesitzer für den Holzverkauf drauf
Wirz zeigt in Aarau auf, was in den letzten Jahren konkret geschehen ist: «Dieser Bestand hier war zwischen 40 und 50 Jahre alt», sagt er und zeigt auf eine grüne Fläche von rund zwei Hektaren, es gibt viel Gestrüpp, Jungbäume, einzelne grosse Bäume, und auch totes Holz. Früher standen hier hauptsächlich Fichten. «2018 wurden die ersten Bäume dürr. Und dann kam der Borkenkäfer.»
Der Holzpreis fiel zusammen. So weit, dass es sich gar nicht mehr lohnte, das Holz in den Verkauf zu bringen, weil die Waldbesitzer unterm Strich draufgelegt haben. «Wir haben also die Bäume stehen lassen, so wurden mehr befallen – aber die Natur hat das irgendwann geregelt und die Borkenkäfer haben nicht mehr weiter gefressen.» In der Zwischenzeit werden wieder bessere Preise für das Holz bezahlt.
Doch zwischenzeitlich war die Fläche ziemlich kahl. «Das war für manche Menschen eine Katastrophe, doch für die Natur ist es eine neue Chance», erklärt Wirz. Eigentlich hätte man gar nichts machen müssen, findet er heute. Gesetzt wurden Trauben- und Stiel-Eichen sowie einige Douglasien. Zudem wurden manche Bäume, die von alleine auf der Fläche zu wachsen begannen, geschützt und gefördert. «Wenn wir heute schauen, was hier alles wächst, ist es ein Traum – das Schöne ist, dass ein Mischwald entsteht», sagt Wirz.
Geld soll noch länger verwendet werden dürfen
Die Wiederbewaldung ist nur eines von vier Modulen, das der Kanton mit den gesprochenen 9,3 Millionen fördern möchte. Das Modul «Holzverwendung» soll dazu führen, dass Bauherrschaften rechtzeitig über die Möglichkeiten des Holzbaus informiert werden. Im Modul «Entscheidungsgrundlagen» werden Methoden zur Erhebung von Schadenflächen entwickelt. Und dank «Weiterbildung und Beratung» wurde der Kurs «Sicheres Fällen von Totholz» mehrfach durchgeführt.
Finanziell sind die Reserven noch nicht ausgeschöpft: Von den 9,3 Millionen sind 7,2 Millionen Franken für die Wiederbewaldung vorgesehen. Insgesamt wurden die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer mit etwas mehr als 1,2 Millionen Franken unterstützt. Aufgrund der nasskalten Witterung im Sommer 2021 entstanden weniger Schäden im Wald als ursprünglich befürchtet. «Wir möchten, dass der Verpflichtungskredit zeitlich auf weitere vier Jahre ausgedehnt wird», erklärt Fabian Dietiker. Damit könnten mit dem Geld,welches das Parlament gesprochen hat, auch in Zukunft Waldeigentümer unterstützt werden. Entscheiden werden darüber der Regierungsrat und der Grosse Rat.