Schweizer Umweltbotschafter kritisiert Gastgeberland Aserbaidschan
Ob eine Einigung an der Klimakonferenz zustande kommt, war bis zuletzt sehr unsicher. Und nun ist mit dem Ergebnis niemand richtig zufrieden. Von einem Minimalkompromiss und von Entscheidungen mit der Handschrift der fossilen Lobby sprechen Beobachter. Alliance Sud, der Schweizer Zusammenschluss für Entwicklungspolitik, nennt dies «eine bitteren Enttäuschung».
Die Schweiz in Baku (Aserbaidschan) vertreten hat wie schon im Vorjahr Felix Wertli. Ihm haben wir die Frage gestellt, woran es dieses Jahr so sehr harzte. Er sagt: «Gewisse Länder wie Saudi-Arabien haben stark gebremst. Und der Gastgeber Aserbaidschan hat klar zu wenig Leadership gezeigt.» Gerade beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas: «Im Abschlussdokument fehlt ganz klar ein starkes Signal für die Abkehr von Fossilen», kritisiert Wertli.
US-Wahlen beeinflussten Verhandlungen
Positiv zu werten ist, dass die Vertragsstaaten ihr Finanzierungsziel, um die Länder des globalen Südens im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen, verdreifachten. Künftig sollen 300 Milliarden US-Dollar in die ärmeren Länder fliessen, zuvor waren es lediglich 100 Milliarden US-Dollar.
Dennoch sagt Wertli: «Wir wissen, dass auch diese 300 Milliarden Dollar nicht reichen. Tatsächlich müssten pro Jahr 1,3 Billionen Dollar in Entwicklungsländer gelenkt werden, damit diese ihre Klimaschutzpläne umsetzen können.» Diese Zahl, die 1,3 Billionen, finde sich denn auch im Abschlussdokument wieder. Was ein gutes Zeichen sei, so Wertli. Es zeige eine gewisse Solidarität vonseiten der Industrieländer gegenüber den ärmsten Ländern.
Und er verstehe die Sicht der Entwicklungsländer, die enttäuscht sind vom Ergebnis. Aber: «Wir müssen realistisch bleiben», sagt der Umweltbotschafter. Es sei niemandem geholfen, einen «Fantasiebetrag» ins Dokument zu schreiben, der dann letztlich doch nie fliessen würde. «Die 300 Milliarden Dollar sind hingegen möglich.» Beobachter kritisieren allerdings, dass das Geld zu spät kommen wird. Denn das Ziel gilt erst ab 2035.
Eine Rolle beim Festsetzen des Betrags spielte gemäss Wertli auch, dass die USA ab nächstem Jahr höchstwahrscheinlich wieder aus dem Pariser Klimaabkommen austreten werden. Das hatte der designierte Präsident Donald Trump bereits in seiner ersten Amtszeit getan und nun wieder angekündigt. «Dieses Wissen hatten wir in den Verhandlungen natürlich immer im Hinterkopf. Denn ohne die USA wird ein grosser Geldgeber fehlen», so Wertli.
Noch glaubt er daran, dass das 1,5-Grad-Ziel zu schaffen sei. Doch dafür müssten die Länder bei ihren nationalen Klimaschutzplänen, die sie bis 2025 einreichen müssten, stark nachbessern. Er bleibt optimistisch eingestellt und hofft, dass sich an der Klimakonferenz im nächsten Jahr, die in Brasilien stattfinden wird, wieder positivere Dynamiken mit gemeinsamen Visionen ergeben werden.