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«Zu weit gegangen»: Nationalrat will ein Zeichen in Richtung Strassburg setzen

Nach dem Ständerat will auch die Grosse Kammer eine Protestnote gen Strassburg schicken. Er wehrt sich damit gegen das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Mittlerweile ist es zwei Monate her, seit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein viel beachtetes Urteil gegen die Schweiz eröffnet hat: Das Land tue zu wenig im Kampf gegen den Klimawandel, fand eine erschlagende Mehrheit des Spruchkörpers.

Das Urteil aus Strassburg schlägt in der Schweiz weiter Wellen. Nach dem Ständerat erklärt auch der Nationalrat, dass die Schweiz dem Urteil «keine weitere Folge geben» soll. Dies wurde landläufig so interpretiert, dass die Schweiz den Europäischen Gerichtshof ignorieren soll.

Darum gehe es nicht, befand die Rechtskommission des Nationalrats. Vielmehr wolle man dem EGMR aufzeigen, dass die Schweiz zwischenzeitlich allen Verpflichtungen nachgekommen sei. Der EGMR sei «weit über seine Kompetenzen» hinausgegangen, sagte Mitte-Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy für die Mehrheit der Rechtskommission.

«Das Urteil des EGMR sollte respektiert werden, um die Unabhängigkeit der Justiz zu wahren. Politische Einmischungen in gerichtliche Entscheidungen schwächen die Gewaltenteilung und das Prinzip des Vorrangs des Rechts vor der Politik», konterte GLP-Nationalrat Beat Flach namens der Kommissionsminderheit.

Rechtsstaatlichkeit, Aktivismus und immer wieder die Zuständigkeit des Parlaments:Der Nationalrat zankte sich über wenig anderes, als es dies der Ständerat bereits vor ihm getan hat.Dort allerdings gab auch noch die Formulierung der Erklärung zu reden. Am Ende einer langfädigen, sich oft wiederholenden Diskussion stimmte der Nationalrat mit 111 zu 72 Stimmen bei 10 Enthaltungen für die Erklärung.

Parlament stimmt mit Volkswillen überein

Das Parlament befindet sich damit im Einklang mit dem Volkswillen, wie eine von den Tamedia-Zeitungen in Auftrag gegebene Umfrage nahelegt. Demnach will ein grosser Teil der Bevölkerung das Urteil zu den Klimaseniorinnen nicht akzeptieren.

Mehr als eine eigentliche Protestnote gen Strassburg ist die Erklärung des Parlaments indes nicht. Aktuell ist es am Bundesrat, zum Befund des Europäischen Gerichtshof Stellung zu nehmen. Es wird erwartet, dass das Urteil in einer der kommenden Sitzungen auf die Traktandenliste der Landesregierung rutscht.