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Aargauer Autofahrer droht «Klima-Klebern» mit Prügel – diese prüfen rechtliche Schritte

Ein Aargauer Autofahrer droht den Klimaaktivisten mit Schlägen auf den Kopf. Das sei «erschreckend», findet Jonas Kampus vom Klimastreik. Doch das Video reihe sich ein in die Ereignisse der vergangenen Wochen.

Mitten im Osterverkehr blockierten sieben Klimaaktivisten den Zugang zum Gotthardtunnel. Ihre Aktion dominierte die Schlagzeilen des Osterwochenendes. In den Kommentarspalten wurde hitzig über das Verhalten der sogenannten «Klima-Kleber» diskutiert, wobei sich viele über die Blockade nervten.

Die Wut auf die Klimaaktivistinnen ist teilweise gross. Immer wieder kündigten Kommentarschreiber an, dass sie über die Demonstranten hinwegrollen würden, falls sich diese in den Weg setzten.

Die Drohung

Mit Gewalt droht auch ein Aargauer Automobilist. Er hat in seinem Auto eine Vorrichtung eingebaut, für den Fall, dass er dereinst den «Klima-Klebern» begegnet. In einem Video, das derzeit auf Whatsapp kursiert, ist zu sehen, wie der Mann den Kofferraum seines Mazdas öffnet. Dort befindet sich ein oranges Rohr, das in einer Halterung steckt. «Es ist ein Kleberlöser für Klimaaktivisten», sagt der Mann.

Video: watson.ch

Der Autofahrer nimmt das Rohr in die Hand und zieht es wuchtig über ein Gestell, das sich nebenan befindet. «Es ist aus Polypropylen», meint der Mann. «Wunderbar leicht und zieht wie eine Sau.» Er macht keinen Hehl aus seinen Absichten: «Ich glaube, wenn man denen mit dem Röhrchen auf den Kopf schlägt, reissen sie ihre Hände von der Strasse weg und schützen ihren Kopf.»

Das sagt Renovate Switzerland

Verantwortlich für die Blockade vor dem Gotthard-Tunnel ist die Gruppierung «Renovate Switzerland». Sie fordert vom Bund, dass er bis 2040 eine Million Häuser renoviert. Angesprochen auf das Video des Autofahrers, meint Mediensprecherin Cécile Bessire: «Gewalt kann niemals die Antwort in einer Krisensituation sein.»

Auf die Frage, ob sie überrascht sei, dass ein Teil der Leute so wütend reagiere, sagt Bessire: «Ja und Nein. Ja, weil es nicht der normale Weg ist, den ein Mensch zur Lösung von Problemen anwenden sollte. Und nein, weil das Problem des Klimanotstands so gross ist, dass es verständlich ist, dass sich manche Menschen überfordert fühlen und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen.»

Klimastreik prüft rechtliche Schritte

Klimaaktivist Jonas Kampus: «Es ist erschreckend, wozu die Leute bereit sind.»
Bild: keystone

Beim Klimastreik ist man schockiert ob den Aussagen des Mannes. «Es ist erschreckend, wozu die Leute bereit sind», sagt Jonas Kampus, Mediensprecher beim Klimastreik. «Und dann stehen sie noch hin, ohne ihre Identität zu verheimlichen.» Das Kennzeichen des Autofahrers ist im Video deutlich erkennbar – watson hat es für die Publikation unkenntlich gemacht.

Das Video reihe sich ein in die Ereignisse der vergangenen Wochen, meint Kampus. «Politikerinnen von FDP und SVP haben massiv gegen Klimaaktivisten gehetzt, Nationalrat Mike Egger bezeichnete sie sogar als ‹Terroristen›.» Und Comedian Zeki habe einen Sketch gedreht, in dem er über die Klimaaktivisten wegrolle.

Für den Aargauer Autofahrer könnte das Video rechtliche Folgen haben. Kampus kündet an: «Durch das, dass der Mann klar identifizierbar ist, werden wir rechtliche Schritte gegen ihn prüfen.»

Das meint die Strafrechtsprofessorin

Doch macht sich der Autofahrer mit dieser Aktion überhaupt strafbar? «Das Androhen von Gewalttaten ist strafbar, wenn es sich um eine schwere Drohung handelt, die geeignet ist, jemanden in Angst und Schrecken zu versetzen», sagt Monika Simmler, Assistenzprofessorin für Strafrecht an der Universität St.Gallen. «Das scheint mir hier nicht der Fall sein, da die Androhung doch eher abstrakt und nicht auf eine spezifische Person gerichtet ist.»

Weiter meint Simmler: «Das Treffen von konkreten Vorbereitungen zu gewissen schweren Straftaten wäre ebenfalls strafbar. Die Montur einer Stange, die geeignet ist, jemandem schwere Körperverletzungen zuzuführen, könnte deshalb strafbar sein. Der Mann im Video spricht aber vom Kunststoff Polypropylen. Damit kann man jemanden kaum lebensbedrohlich verletzen.» Der Mann habe sich deswegen nicht strafbar gemacht, so Simmler. «Bei einer Eisenstange würde es anders aussehen.»