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Giftschlamm-Problem und Verlandung im Stausee Klingnau: Der Kanton will nächsten Sommer mit dem Ausbaggern beginnen

Der Klingnauer Stausee schrumpft. Um dies zu verlangsamen und um neue Flachwasserzonen zu schaffen, will der Kanton Sedimente und Schilf entfernen. Jetzt liegt die Ausschreibung vor.

Der Klingnauer Stausee ist eines der bedeutendsten Vogelschutzgebiete der Schweiz und hat internationale Ausstrahlung. Hier machen die in der Schweiz seltenen Eiderenten Rast, die vom Aussterben bedrohte Sumpfschnepfen stelzen durch das Wasser. In den vergangenen 80 Jahren ist der Stausee aber massiv geschrumpft: von sieben auf unter zwei Millionen Kubikmeter Wasser. Wegen der fortschreitenden Verlandung ist der Lebensraum von Wasser- und Watvögeln bedroht. Im nächsten Juni sollen nun die Bagger auffahren.

Als das Kraftwerk Klingnau zwischen 1929 und 1935 gebaut wurde, entstand im Staubereich der Klingnauer Stausee: Durch den Aufstau wurde der linke Teilbereich hinter den Dämmen der Aarekorrektion von 1904 geflutet. Mit dem Aufstau begann auch die Verlandung der linken Seebucht, die bis heute andauert. Heute befinden sich im Bereich des Klingnauer Stausees mit seinen offenen Flachwasserzonen nationale und internationale Schutzgebiete.

Im Naturschutzgebiet, das eine Fläche von mehr als 500 Fussballfeldern umfasst, sind über 200 Vogelarten zu beobachten. Der Klingnauer Stausee bietet aber auch wichtige Lebensräume für Säugetiere, Reptilien, Amphibien und Pflanzen und lockt jährlich auch mehrere tausend Besucherinnen und Besucher an: Vogelbeobachterinnen, Fischer, Spaziergängerinnen, Inlineskater, Velofahrerinnen und Hündeler.

Fischer erfolgreich: Sedimente werden entsorgt

Um der zunehmenden Verlandung flussabwärts gesehen auf der linken Seite entgegenzuwirken, will der Kanton Sedimente eines 24 Meter langen Seitenarms ausbaggern. Wie das aber geschehen soll, darüber stritten sich der Kanton und der Aargauische Fischereiverband (AFV) sowie der Schweizerische Fischereiverband (SFV) jahrelang. Der Grund: Die Fischer wehrten sich vehement dagegen, dass der Kanton ursprünglich einen Teil des Schlamms weiter unten an der Rheinmündung wieder in den Fluss einleiten wollte.

Denn in den Sedimentablagerungen schlummern Schwermetalle, etwa die als krebserregend geltende und heute verbotene Chemikalie PCB. Die beiden Verbände reichten deshalb gegen das 2016 vom Kanton genehmigte Projekt «Klingnauer Stausee – Reaktivierung Seitenarm» erfolgreich eineBeschwerde ein. Diese richtete sich nicht grundsätzlich gegen das Projekt, sondern wollte erreichen, dass die mit einem Saugbagger entnommenen Sedimente vollständig in einer Deponie entsorgt werden.

Der Regierungsrat beschloss daraufhin, das Projekt anzupassen. Doch die Überarbeitung zeigte, dass sich die Kosten mehr als verdoppeln würden. Der Kanton suchte deshalb nach Alternativen und entschied sich, die Massnahmen etappenweise umzusetzen. Dadurch könne das Kosten-Nutzen-Verhältnis deutlich verbessert und die Risiken minimiert werden, schrieb das Departement diesen Frühling.

9300 Kubikmeter Sedimente werden ausgebaggert

Das nun ausgeschriebene Projekt «Stausee Klingnau – Massnahmen zum Schutz und Erhalt des Seecharakters» bildet die erste Etappe des Projekts. Der Kanton rechnet mit Kosten von rund 2,5 Millionen Franken. Mit einem neuen Dammbauwerk will der Kanton verhindern, dass sich einströmende Sedimente im Seitenarm auf der linken Seeseite ablagern. Damit solldie Verlandung wesentlich verlangsamt werden.

Gemäss Projektausschreibung wird die Baute 110 Meter lang werden und aus sogenannten Rundholzschwellen bestehen, also einer Schwelle mit runden, quergelegten Holzpfählen. Montiert wird das Bauwerk an Holzpfählen, die im Übergangsbereich zwischen dem Flachwasserbereich und dem durchströmten Aarelauf in den Boden gerammt werden.

Dieser neue Damm soll die Ausbaggerungen nachhaltiger machen. Insgesamt müssen rund 9300 Kubikmeter Verlandungssedimenten ausgebaggert und 1500 Quadratmeter Schilf entfernt werden. Dies auf eine Tiefe von einem halben Meter in der linken Seebucht und im Flachwasserbereich auf vier Teilflächen von insgesamt 25’200 Quadratmetern respektive 3,5 Fussballfeldern. Die Sedimente sollen gemäss Ausschreibung an Land auf einen Installations- und Abtrocknungsplatz befördert und nach dem Trocknen fachgerecht verwertet werden.

Danach will der Kanton die weitere Verlandung und Entwicklung etwa vier Jahre lang beobachten. Zeigt das Dammbauwerk Wirkung, sollen mit dem restlichen Budget – etwa 40 bis 50 Prozent der Kreditsumme von fast fünf Millionen Franken – weitere Massnahmen umgesetzt werden.