Einwendungen abgewiesen: Hat die letzte Stunde des alten Ofenhauses nun geschlagen?
Es sei ein wichtiges Stück Aargauer Kulturgeschichte, das alte Ofenhaus der ehemaligen Ziegelei an der Kölliker Hauptstrasse, da sind sich alle Beteiligten einig. Und doch soll es nun abgerissen werden – die Einsprecher unterlagen.
Wann das Ofenhaus in Kölliken gebaut wurde, ist nicht klar. Die 1823 gegründete Ziegelfabrik, die das Gebäude errichtet hat, brannte 1909 komplett aus. Das Baudatum des Ofenhauses wird auf etwa um das Jahr 1930 geschätzt, wie aus den Unterlagen zum Baugesuch hervorging, das im August 2020 öffentlich auflag. Das Konsortium der Sondermülldeponie Kölliken (SMDK) hat das an die Deponie angrenzende Areal 2004 übernommen und plant nun den Abriss des Ofenhauses, um das Grundstück dereinst zu verkaufen.
Laut Heimatschutz ein identitätsstiftender Bau
Auf das Abbruchgesuch sind zwei Einsprachen eingegangen – eine vom Aargauer Heimatschutz und eine von Sandra Leutwyler, einer Bewohnerin aus der Nachbarschaft des Ofenhauses.
Vom Heimatschutz hiess es damals, das einstige Ofenhaus sei «das grossartige und letzte Baudenkmal, das von der Jahrtausende währenden Tradition der Ziegel- und Backsteinproduktion in Kölliken zeugt». Der Bau stelle nach Meinung des Aargauer Heimatschutzes ein schützenswertes Denkmal dar, das zu erhalten und zeitgemäss neu zu nutzen sei. Und nicht nur das: «Überdies nimmt der Bau in Stellung und Erscheinungsbild eine für das Ortsbild von Kölliken markante Position ein, die für die Gemeinde identitätsstiftend ist und auch aus diesen Gründen nicht dem Erdboden gleichgemacht werden darf.»
«Rendite kommt vor der Nachhaltigkeit»
Auch für Sandra Leutwyler war klar, dass das Gebäude nicht abgerissen werden darf: «Die Kölliker Ziegelei hatte eine enorme Bedeutung im ganzen Mittelland, schon die alten Römer haben hier ihre Ziegel hergestellt.» Und schliesslich gehöre das Gebäude schlichtweg zum Ortsbild: «Zumindest die Hülle des Gebäudes muss bewahrt werden – das Innere könnte man ja auch zeitgemäss nutzen.» Beispielsweise für Loft-Wohnungen, für Gastro-Projekte oder fürs Gewerbe.
Laut Leutwyler wird nicht nur die Vergangenheit des Gebäudes – und seine Bedeutung – unterschätzt, sie stört sich auch an den Zukunftsplänen: «Schützenswertes Kulturgut soll abgerissen werden, um mit dem Verkauf des Baulands Profit zu machen – die Rendite kommt vor der Nachhaltigkeit.»
Der Kölliker Gemeinderat hat die beiden Einsprachen nun behandelt. Auf jene von Sandra Leutwyler ist er mangels Legitimation nicht eingetreten – die Einwendung decke sich im Wesentlichen aber sowieso mit jener des Heimatschutzes.
Giftige und krebsauslösende Schadstoffe im Boden
Für die Behandlung der verbleibenden Einwendung liess der Gemeinderat ein Gutachten anfertigen. Das kommt zwar zum Schluss, die Ziegelei sei eindeutig schutzwürdig: «Ein Abbruch würde eine einmalige kulturhistorische und industriegeschichtliche Substanz zerstören.»
Trotzdem lohne sich der Erhalt nicht, schliesslich befinde sich die Bausubstanz zu einem grossen Teil in einem schlechten und höchst mangelhaften Zustand: So könne «ein Erhalt des Gebäudes aus wirtschaftlichen Gründen nicht gerechtfertigt werden». Erschwerend kommt hinzu, dass im Untergrund und am Gebäude selbst mehrere – teilweise giftige und krebsauslösende – Schadstoffe festgestellt wurden, die laut Gemeinde nur entfernt werden können, wenn das Gebäude abgerissen wird.
Schliesslich bat der Kölliker Gemeinderat auch den Aargauer Regierungsrat um eine Beurteilung, ist dieser doch Miteigner der SMDK und somit Miteigentümer des Grundstücks. Der stellt sich hinter die Gemeinde und unterstützt die komplette Sanierung des Untergrundes und somit auch den Abbruch des Ofenhauses, auch wenn das Gebäude aus fachlicher Sicht als schützenswert einzustufen sei.
Eine Dokumentation als Auflage
Und das ist nun auch das Fazit des Kölliker Gemeinderats: Die unsichere Zukunft des Gebäudes (eine Investition von privater oder öffentlicher Seite zur Sanierung oder Umnutzung sei unwahrscheinlich) und der schlechte Zustand des Gebäudes seien kritisch und problematisch. Und schliesslich kommt laut Gemeinderat hinzu, dass das Ofenhaus die Übersicht bei der Ein- und Ausfahrt der anliegenden Strasse beeinträchtige.
Die Einwendung des Heimatschutzes wird somit abgewiesen, das Baugesuch bewilligt. Das jedoch mit einer Auflage, mit welcher der Gemeinderat der «starken kulturellen und historischen» Bedeutung des Ofenhauses gerecht werden will: Vor Beginn der Abbrucharbeiten soll die SMDK das Ofenhaus mittels einer durch ein ausgewiesenes Fachbüro angefertigten Dokumentation für die Nachwelt festhalten.
Nach Ausstellung des Baugesuches gilt eine 30-tägige Einsprachefrist, in der unterlegene Einsprecher die Baubewilligung beim Regierungsrat anfechten können. Da in dieser Sache der Poststempel entscheidend ist, lässt sich noch nicht genau sagen, ob die Einsprachefrist unbenutzt verstrichen ist. Ist sie das, sind die Tage des Kölliker Ofenhauses tatsächlich angezählt.