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Ran ans Eincremen: Warum trockene Haut nicht nur optisch ein Problem ist

Rund um die Hautpflege ranken sich zahlreiche Mythen. Dermatologin Bettina Schlagenhauff räumt mit einigen auf – und gibt Tipps, was der Haut im Winter guttut.

Wenn die Haut spannt, juckt, rissig und gerötet ist, ist die Diagnose schnell gemacht: Man leidet unter trockener Haut, an «Xerosis cutis». Gerade im Winter keine Seltenheit. Viele greifen dann zur Bodylotion, andere vertrauen auf die Selbstregulierung der Haut. Besonders im Winter sei Letzteres keine gute Idee, sagt Bettina Schlagenhauff, Fachärztin für Hautkrankheiten und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie.

Warum neigt die Haut im Winter zu mehr Trockenheit?

Bettina Schlagenhauff: Jetzt ist die Luftfeuchtigkeit geringer, der Haut wird dadurch Feuchtigkeit entzogen. Ausserdem bewirkt Kälte eine Drosselung der Hautdurchblutung, um Wärme in den Organen zu halten. Dadurch gelangt weniger Sauerstoff in die Haut – der Stoffwechsel, insbesondere die Funktion der Fettdrüsen, läuft auf Sparflamme. So wird die Haut weniger mit Fetten versorgt. Fehlt der schützende Fettfilm, kann die Feuchtigkeit noch leichter aus der Haut austreten. Heizungsluft begünstigt diesen Prozess noch. Kleidung spielt auch eine Rolle: Wolle ist eher ungünstig, da die Fasern die Haut reizen, ja aufrauen können. Baumwolle ist die bessere Wahl.

Viele cremen sich täglich ein – und wenn sie es mal sein lassen, spannt die Haut umso mehr. Wie kann das sein?

Bettina Schlagenhauff, Fachärztin für Dermatologie, Dermacenter Küssnacht
zvg

Das deutet darauf hin, dass die betreffende Person das falsche Produkt verwendet. Oder zu lange und zu heiss badet respektive duscht. Wasser trocknet – so paradox es klingen mag – die Haut aus. Beim Waschen quillt sie auf, dadurch verdampft Feuchtigkeit. Zudem haben Kalkrückstände die Eigenart, die Haut auszutrocknen.

Kann der Körper «süchtig» nach Eincremen werden? Und das in einer trockenen Haut resultieren, wenn man es mal sein lässt?

Es gibt keinen Gewöhnungseffekt durch regelmässiges Eincremen. Jedenfalls konnte das nie nachgewiesen werden. Spannt die Haut, wenn das Eincremen mal versäumt wird, weist das schlicht auf einen sehr trockenen Hauttyp hin.

Sie sagten vorhin, dass das «falsche Produkt» verwendet wird, wenn die Haut spannt. Was heisst das konkret?

Es passt nicht zum jeweiligen Hautzustand. Eine zu wässrige Hydrolotion und Pflegeöle entziehen der Haut manchmal sogar Feuchtigkeit oder Fett; reine Öle können auf Dauer die Hautbarriere schädigen, die enthaltenen Säuren zu Irritationen und Reizungen führen. Geeignet sind grundsätzlich rückfettende «Wasser in Öl –Emulsionen». Also Crèmes oder Lotionen, die möglichst parfümfrei sein sollten, weil diese Stoffe die Haut auch austrocknen.

Emulsionen sollen nicht ideal für die Haut sein –Emulgatoren, die Wasser mit Öl verbinden, können auch körpereigene Fette beim Duschen mit Wasser koppeln. Dann werden diese aus der Haut weggespült.

Hautpflegeprodukte kommen nie ganz ohne Emulgatoren aus – Wasser und Öl würden sich ohne sie nicht stabil mischen lassen. Aber es gibt sehr unterschiedliche Arten von Emulgatoren mit unterschiedlicher Verträglichkeit. Viele medizinische Pflegeprodukte enthalten nur wenige, gut verträgliche Emulgatoren. Beim Zusatz der wasserbindenden Stoffe Urea (Harnstoff) oder Glycerol kann ausserdem auf weitere Emulgatoren weitgehend verzichtet werden.

Wie merkt man, welche Crème zum eigenen Hauttyp passt?

Zieht sie zu leicht ein, ist sie zu wenig fettend. Klebt alles, ist sie auch nicht geeignet. Das Gefühl einer geschmeidigen Haut und ein leichter Film auf ihr weisen darauf hin, dass man das richtige Produkt gewählt hat. Menschen mit normaler Haut können eine leichtere Lotion verwenden, jene mit trockener Haut sollten darauf achten, dass sie gut mit Fetten versorgt wird.

Reicht eine Lotion aus dem Warenhaus? Oder muss es die Apotheke sein, wo die Crème deutlich mehr kostet?

Grundsätzlich geht eine aus dem Warenhaus. Personen, die zu Allergien neigen oder an einer Hautkrankheit wie Neurodermitis leiden, sollten sich in der Apotheke oder dermatologisch beraten lassen und eher auf medizinische Pflegeprodukte zurückgreifen.

Manche Menschen brauchen nie eine Lotion und haben keine trockene Haut. Wie erklären Sie sich das?

Das hat mit der individuellen Veranlagung, also genetischen Faktoren, zu tun. In diesem Fall ist die Haut stärker in der Lage, Fette zu produzieren und Feuchtigkeit zu halten.

Warum ist trockene Haut eigentlich problematisch? Muss man überhaupt etwas dagegen unternehmen?

Austrocknungsekzem aus der Praxis von Bettina Schlagenhauff.
Bettina Schlagenhauff

Unbedingt. Das Thema wird meines Erachtens vernachlässigt. Viele Arztkonsultationen wären vermeidbar, wenn man sich etwas mehr mit der Hautpflege beschäftigen würde und sich regelmässig – in der Regel reicht einmal pro Tag – eincremt. Bei trockener Haut ist nämlich die Barriere zur Umwelt, also der Schutzfilm nach aussen, nicht mehr intakt. Dies hat zur Folge, dass der Wasserverlust durch die Haut nach aussen noch verstärkt ist. Zudem können Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze und Viren leichter in die Haut eindringen und zu Infektionen führen. Auch weiss man, dass trockene Haut die Entwicklung von Allergien begünstigt und zu Austrocknungsekzemen führen kann. Und: Trockene Haut beginnt schnell zu jucken. Kratzt man dann, kommt es zu Entzündungen.

Etwas weniger sowie nicht zu lange und nicht zu heiss duschen

Rückfettende Waschsubstanzen oder Hautwaschöle zum Duschen und Baden benutzen

Nach dem Duschen eincremen

Körpertemperatur warm halten mit schützender Kleidung

Genügend Flüssigkeitszufuhr

Bewegung im Freien fördert die Durchblutung und verbessert die Sauerstoffversorgung der Haut

Ausgewogene Ernährung mit Vitaminen und Spurenelementen, auf Alkohol und Nikotin verzichten