
Superreich, aber super peinlich: Die kulturlose Arroganz der Tech-Milliardäre
In letzter Zeit begegnen mir mehr Milliardäre, als mir lieb ist. Ich kann keine Zeitung aufschlagen, keine News App öffnen, ohne dass ich über Milliardäre lesen muss. Es ist vor allem einer, der omnipräsent scheint. Und immer, wenn man denkt, man hat wirklich alles gesehen, kommt er mit einer neuen Dummheit ums Eck.
Auch bin ich abgesehen von den Einfältigkeiten kein Fan von Milliardären, ganz grundsätzlich. So sehr ich mich anstrenge, ich sehe keinen Grund, wieso ein Individuum so viel besitzen soll.
Um etwas Gutes über Milliardäre zu sagen: Einige von ihnen setzen Teile ihres Geldes so ein, dass es der Allgemeinheit dient. Vor allem die Kultur- und Kunstwelt ist eng mit Milliardären und Reichen verbunden. Ohne Mäzene ginge wenig. Ich bin immer noch kein Fan, aber ich kann der Sache etwas abgewinnen.
Seit einiger Zeit haben wir es mit einer neuen Gattung, vielleicht einer neuen Generation von Milliardären zu tun. Den sogenannten Tech-Milliardären oder Broligarchs. Eine Wortschöpfung aus dem englischen Bro für Kumpel und Oligarch. Sie interessieren sich nicht für Kultur. Alles, was sie interessiert, ist Business.
Diese Milliardäre sind reicher als alles, was wir je gesehen haben. Dazu kommt die Geschwindigkeit, mit der sie ihre Vermögen aufgebaut haben. Innert weniger Jahrzehnte sind sie reich geworden. Und wie sie sich erst benehmen!
Die Politik sieht sie als Vorbilder
Ich erschrecke nach wie vor über den Ton und die Art und Weise, wie sie sich aufführen. Im Moment vor allem mit Blick auf die USA. Aber auch in China und Indien gibt es gute Beispiele. Was mich noch mehr erschreckt: Dass sich die Politik von diesem Verhalten beeindrucken lässt. Dass sie die Nähe zu diesen Bros sucht und zulässt. Die Politiker holen sich Tipps für den Staatshaushalt. Von Männern, die ein sehr eindimensionales Verständnis von Finanzen haben. Input, Output, Wachstum und Rendite.
Auch in der Schweiz herrscht aktuell Spardruck. Der Rotstift wird angesetzt bei allem, was nicht ins Schema von Kosten und Nutzen passt. Die Budgetdebatten in den Parlamenten zeigen das sehr gut. Nicht nur in der Bundesversammlung, auch in den Kantonen und Gemeinden.
Die Diskussionen folgen dabei dem gleichen Ablauf. Es muss gespart werden. Und der Kulturbereich ist oft der erste Ort, wo Geld gekürzt wird. Als wäre Kultur ein Extra, das man sich leistet. Ich frage mich, was bleibt, wenn bei der Kultur gespart wird? Tiefe Steuern und Parkplätze? Aus meiner Sicht eher unfreudig. Wie sich die Kulturlosigkeit auf die öffentliche Debatte auswirkt, davon bekommen wir ja bereits einen Vorgeschmack. Besten Dank an die Broligarchs.
Zurück zu ihrem Verhalten. Ich bin zwar erschreckt, aber nicht erstaunt. Denn wer es schafft, innert zwanzig Jahren mehrere hundert Milliarden anzuhäufen, hat wohl nichts anderes gemacht, als zu arbeiten. Die Bros brüsten sich ja auch mit ihren 120-Stunden-Wochen. Und das kommt dann eben dabei heraus: Superreiche ohne Kultur.
Top ausgebildet in Engineering, Informatik oder Ökonomie, können aber einen Monet nicht von einem Manet unterscheiden. Top Performance. Es geht nur vorwärts, nach oben, höher, schneller, weiter, mehr. Geld wird nicht ausgegeben, es wird investiert. Und dann muss auch das Geld arbeiten. Es muss klar sein, was dabei herauskommt, und in welcher Zeit.
Kulturlose Gesellen
Deshalb interessieren sich die Tech-Milliardäre nicht für Kultur. Sie passt nicht in ihre Logik. Man kann nicht messen, wie viel man hineinsteckt und wie viel herauskommt. Kreative Prozesse sind nicht linear. Man kann sie nicht beliebig beschleunigen oder optimieren.
Diese absolute Kulturlosigkeit ist spürbar in den Debatten. Kultur ist derart abwesend, dass ein Vakuum entsteht. Es wird aufgefüllt mit machoidem, infantilem Verhalten. Mit Basecaps, Shirts mit lustigen Sprüchen, Flammenwerfern und Autos im Weltall. Kurzum: Es ist eine intellektuelle Beleidigung.
Rebecca Shaw, eine australische Autorin, hat es gut zusammengefasst. Frei übersetzt schrieb sie: Ich habe erwartet, dass ich eines Tages mächtigen Männern zuschauen muss, wie sie die Welt zerstören. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass sie solche Pfeifen sind.