Extrawurst für Novak Djokovic ist eine bodenlose Frechheit und der Höhepunkt seiner Selbstinszenierung
Um es vorwegzunehmen: Selbstverständlich steht es Novak Djokovic frei, ob er sich gegen das Coronavirus impfen lässt. Ihm steht es auch frei, nicht öffentlich darüber sprechen zu wollen. Darauf hatte der 34-Jährige in den letzten Monaten beharrt, wenn es Fragen zu einer möglichen Impfpflicht bei den Australian Open gab, die nun auch Tatsache geworden ist. Zuvor hatte sich Djokovic als Impfkritiker positioniert und dafür auch aus der Heimat Serbien Kritik von führenden Virologen einstecken müssen.
Nun aber macht Novak Djokovic seinen Impfstatus doch öffentlich, indem er sagt, er habe für die Einreise nach Australien eine Spezialbewilligung erhalten, dank der er seinen Titel in Melbourne verteidigen kann. Dabei hätte er auch spielen können, ohne den Impfstatus offenzulegen. Es ist der Höhepunkt der Selbstinszenierung und offenbart den Opportunismus, den der Serbe an den Tag legt. Seine medizinischen Angelegenheiten gingen niemanden etwas an. Sagt einer, der aus seiner Glutenunverträglichkeit ein Geschäftsmodell gemacht hat. Djokovic schrieb dazu Bücher und er betreibt mehrere vegane Restaurants in Serbien und Monte Carlo.
19 Monate waren die Grenzen geschlossen
Die Spezialbewilligung ist auch ein Schlag ins Gesicht von Millionen von Australiern. Nirgendwo auf der Welt wurde die Verbreitung des Virus mit härteren Massnahmen bekämpft als in Melbourne. Der Grossraum mit seinen rund fünf Millionen Einwohnern befand sich bis vor kurzer Zeit für fast zwei Monate in einem strikten Lockdown – bereits zum sechsten Mal. Während 19 Monaten waren die Grenzen geschlossen. Zehntausenden von Australiern war die Rückkehr verwehrt, Familien waren getrennt. Wer einreiste, mussten Tausende Dollar bezahlen und 14 Tage in Quarantäne.
Für sie ist es ein Schlag ins Gesicht, dass ein privilegierter und gesunder Tennisspieler nun dank einer Spezialbewilligung einreisen darf. Völlig unabhängig davon, ob Novak Djokovic aus medizinischen Gründen Anspruch auf eine Spezialbewilligung hat oder nicht. Der Sport gilt als schönste Nebensache der Welt. Aber es ist eben nur das: eine Nebensache.