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Endlich Waffenstillstand in der Ukraine – jetzt bleibt für den Westen nur noch die zweitbeste Option

Bis heute konnte die westliche Staatengemeinschaft nicht genügend militärischen und wirtschaftlichen Druck aufbauen, um Russland im Ukraine-Krieg an den Verhandlungstisch zu zwingen. So wird ein Entgegenkommen bei Putins Gebietseroberungen wohl zur bitteren Realität.

Nach 900 Tagen Krieg in der Ukraine steht die bittere Feststellung: Ein unentschlossener, uneiniger Westen hat es – vermutlich unwiderruflich – verpasst, die Putin’sche Angriffskriegs- und Eroberungslogik zu durchkreuzen. Er hat es verpasst, die Ukraine rechtzeitig militärisch derart auszurüsten, dass Moskau unter realistischen Vorbedingungen an den Verhandlungstisch gezwungen wird.

Der ukrainische Abwehrkampf ist noch lange nicht verloren, und die Vorstösse in Richtung Kursk haben im Land neue Hoffnungen geweckt. Aber eine Rückeroberung der von Russland besetzten, stark befestigten und zunehmend russifizierten Gebiete ist kaum noch vorstellbar.

Mit tendenziell eher abnehmender westlicher Unterstützung ist es nur eine Frage der Zeit, bis Putin der ausgebluteten Ukraine einen Diktatfrieden aufzwingt – was der absolute «Worst Case» mit unabsehbaren Folgen für die internationale Ordnung wäre.

Es ist daher dringend nötig, dass EU- und Nato-Staaten jetzt wenigstens alle Kräfte bündeln, um der Ukraine eine selbstständige Zukunftsperspektive ohne Rückeroberung der verlorenen Gebiete zu eröffnen. Die beiden Expertinnen Claudia Major und Jana Puglierin weisen in ihrer neuen Studie zurecht darauf hin, dass auch diese «zweitbeste» Option weitreichende Unterstützungsmassnahmen des Westens bis hin zu Truppenstationierungen in der Ukraine bedeuten würde – aber sie wäre immer noch besser und günstiger als der Zusammenbruch der Ukraine und deren Unterwerfung als schutzloser Vasallenstaat von Moskaus Gnaden.

Selbst mit dem vorläufigen Verzicht auf die besetzten Gebiete ist zwar noch lange nicht gesagt, dass sich Moskau verhandlungswillig zeigt. Bisher hat Russland auf sämtliche diplomatischen Avancen entweder mit noch groteskeren Forderungen, wie nach dem Bürgenstockgipfel, oder noch mehr Bomben und Raketen reagiert – dies als Hinweis an alle Putin-hörigen «Friedensaktivisten». Aber zumindest wäre die Anfangshürde für einen Waffenstillstand gesenkt.