Linke wollten die Armee halbieren – die Bürgerlichen haben sie geviertelt
Schweden erlebt gerade Historisches. Das letzte Hindernis zu einem Nato-Beitritt wurde am Montag aus dem Weg geräumt, nach 200 Jahren endet die Neutralität. Am gleichen Tag gab in der Schweiz ein Interview unserer Zeitung mit Armeechef Thomas Süssli zu reden. Er will die Bestände des Militärs von 100000 auf 120000 Soldaten erhöhen.
Zwei Jahre nach Russlands Überfall auf die Ukraine diskutiert fast jedes europäische Land über die neue Bedrohungslage und die militärischen Folgen. Die Schweiz hatte einst das grösste Heer Europas, gemessen an der Bevölkerung – fast 900’000 Soldaten waren es zur Zeit des Kalten Kriegs. Selbst die als modern geltende «Armee 95» kam noch auf 400’000 Mann.
Jetzt stellt das Land entgeistert fest: Das Militär wurde seither nicht «halbiert», wie das die eine linke Initiative verlangte, die das Volk 2001 mit 78 Prozent abgelehnt hat. Sie wurde «geviertelt».
Kennern waren die Folgen längst bewusst, weiten Teilen der Politik und Öffentlichkeit aber nicht. Tatsache ist: Die Armee ist nicht mehr imstande, das Land autonom zu vereidigen, obwohl das Neutralitätsrecht die Schweiz dazu verpflichtet. Erst 2040 wäre das nach aktueller Planung der Fall.
Süssli fordert die Wende eher zu spät als zu früh. Dass die Armee in diese Lücke fällt, haben nicht linke Militärabschaffer zu verantworten, sondern die bürgerlichen Mehrheiten. Sie priorisierten den Schuldenabbau des Bundeshaushalts nach dem Mauerfall stets höher als die Verteidigungsfähigkeit. Erst nach dem Ukraine-Krieg sind sie erwacht.