Wenn der Stimmbürger nicht einmal mehr dem Bund vertrauen kann – wem dann noch?
Schon wieder! Nach der Unternehmenssteuerreform 2 und der Initiative zur Abschaffung der steuerlichen Heiratsstrafe fällte die Bevölkerung auch bei der AHV gleich mehrfach ihren Stimmentscheid auf der Basis von falschen Daten. Diese Rechenfehler und ungenügenden Prognosen aufseiten der Verwaltung sind desaströs. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger müssen den Angaben des Bundesrates und der Verwaltung vertrauen können. In Abstimmungskampagnen wird ohnehin schon zu viel gemogelt und verkürzt.
Ob sich die Verantwortlichen im Bundesamt für Sozialversicherungen den politischen Folgen der Rechnungsfehler bewusst sind, steht auf einem anderen Blatt. Es befremdet, wenn sich BSV-Direktor Stéphane Rossini beklagt, dass ihm zusätzliche Stellen zur Kontrolle der Berechnungsprogramme mehrfach verweigert worden seien. Mit Verlaub: Als Direktor eines Bundesamtes muss man Prioritäten setzen können. Oder wenn der Vizedirektor sagt, die fehlerhaften Formeln seien durch zu optimistische Annahmen etwa zur Reallohnentwicklung ausgeglichen worden. Gar kein Problem, so der Tenor.
Die finanziellen Perspektiven der AHV waren bereits vor Bekanntwerden dieser Datenpanne ein Politikum. Die Linke warf nicht nur den Bürgerlichen, sondern auch der Verwaltung immer wieder Schwarzmalerei vor. Sie wird diese Prognosefehler genüsslich ausschlachten und weiterhin jeglichen Reformbedarf verneinen.
Doch damit liegt die Linke falsch: Auch mit dieser Korrektur bleiben die strukturellen Probleme der AHV bestehen. Das grosse Bild hat sich nicht verändert. Mit der Einführung der 13. AHV-Rente wird das Umlageergebnis ab 2026 negativ.
Allerdings wird es wohl weniger Geld für die Zusatzfinanzierung der 13. AHV-Rente brauchen. Die Bürgerlichen wollen diese Frage erst in der nächsten grossen Reform klären, die 2026 kommt. Das BSV hat auch ihnen einen Steilpass geliefert.