Wenn Donald Trump ins Gefängnis muss, erreicht Amerikas Spaltung eine neue, brandgefährliche Dimension
Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft 2016 sagte Donald Trump: «Ich könnte jemanden an der Fifth Avenue erschiessen und würde trotzdem keine Wähler verlieren.» Wenige seiner Aussagen erwiesen sich als so wahr wie diese – im Sinn von: Trump konnte sich alles erlauben, Affären und Skandale ohne Ende, seine Anhänger blieben ihm treu.
Daran dürfte die Razzia auf seinem Anwesen in Florida kaum etwas ändern. Das FBI suchte dort nach Geheimdokumenten, die Trump illegal aus dem Weissen Haus entwendet haben soll. Eine Hausdurchsuchung bei einem Ex-Präsidenten – das gab es in der US-Geschichte noch nie. Sie war einmalig wie so vieles vor, während und nach der Trump-Präsidentschaft.
Der Vorgang löste pawlowsche Reflexe aus: Trump zelebrierte seinen Opferstatus («Hexenjagd»), seine Fans verbreiteten Verschwörungstheorien, die Republikaner stellten sich hinter ihn, und die Demokraten halten Trump jetzt für noch krimineller als davor.
Politisch bleibt also alles beim Alten. Beiden Parteien werden die neuste Trump-Affäre nutzen, um ihre Basis bei den Zwischenwahlen im November zu mobilisieren. Juristisch aber birgt der Fall für Trump Risiken. Ein strafrechtliches Verdikt könnte eine Präsidentschaftskandidatur 2024 verunmöglichen, sogar eine Gefängnisstrafe ist nicht auszuschliessen. Amerikas Spaltung würde dann neue, gefährliche Dimensionen erreichen. Es ist dem Land zu wünschen, dass es sich Trump auf politischem, nicht juristischem Weg entledigt.