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«Alnatura stinkt mir» und «Kann mich fast nicht mehr beruhigen»: Kundschaft nach Schliessung von Reformhaus Müller entsetzt

Seit Mittwochmorgen sind die 37 Filialen der Müller-Reformhäuser geschlossen. Das Unternehmen ist pleite. Und das, nachdem am Freitag der vergangenen Woche auf der Website noch neue Jobs ausgeschrieben worden sind. Diese Konkurs-Nachricht verbreitete sich am Dienstag in der Region wie ein Lauffeuer. 300 Angestellte verlieren ihren Job.

Wie ein Stammkunde der Aarauer Reformhaus-Filiale an der Pelzgasse gegenüber unserer Zeitung verraten hat, zeichnete sich die Schliessung schon seit Wochen ab. Die Regale hätten sich zusehends geleert, immer weniger Produkte seien erhältlich gewesen. Zu Jahresende herrschte Totalausverkauf. Auf Nachfragen hätten die Mitarbeitenden aber nur geantwortet, sie dürften nichts sagen.

Geschäftsführer: Entscheid bricht uns das Herz

Der Preisdruck und zu wenig Kundinnen und Kunden seien dem Familienunternehmen schliesslich zum Verhängnis geworden. Gegenüber dem Fernsehsender Tele M1 sagt Geschäftsführer Mischa Felber: «Irgendwann ist uns der Schnauf ausgegangen. So mussten wir den Entscheid treffen, der uns allen das Herz gebrochen hat.»

Mischa Felber.
Screenshot Tele M1

Auch ein AZ-Leser schreibt zu den hohen Preisen: «Wer kann und will diese exorbitant hohen Preise bezahlen?» Ein abgepackter Salat zum Mitnehmen habe im Reformhaus Müller an der Stockerstrasse in Zürich «stolze CHF 19.50» gekostet. So könne das Ende nicht verhindert werden. Höhere Preise würden funktionieren, aber exorbitante Preise eben nicht. Der Leser bedauert: «Schade, sie hatten gute Produkte aber eben einfach zu teuer.»

Kundin, die sich neu orientieren muss: «Alnatura stinkt mir»

Der Schock sitzt auch bei den letzten Kundinnen und Kunden tief, wie ein Augenschein von Tele M1 am Dienstagabend vor Ort zeigt. «Ich kann mich fast nicht mehr beruhigen. Jetzt komme ich hierhin, will einkaufen und lese, dass der Laden morgen zugeht. Das kann doch nicht sein», sagt eine entsetzte Kundin. «Ich bin fassungslos. Ich denke, dass man in diesen Zeiten die kleineren Läden mehr unterstützen sollte», ergänzt eine weitere.

Gegenüber CH Media haben sich auch weitere Kundinnen und Kunden am Dienstag zu den Schliessungen geäussert. Eine Frau sagt beispielsweise: «Ich bin sehr frustriert und finde es extrem schade.» Sie habe gerne in den Reformhäusern eingekauft. «Man kriegt dort alles, was man braucht», sagt sie. Für die Zukunft werde sie sich gut überlegen müssen, wo sie einkaufe.

Eine Ausweichmöglichkeit bieten etwa die Alnatura-Läden. Eine Müller-Kundin winkt aber gleich ab. Sie sagt entschieden: «Alnatura stinkt mir.» Sie gehe zwar ab und an auch dorthin, doch bei den Müller Reformhäusern habe sie immer wieder Spezial-Produkte gefunden, die es nirgendwo sonst gibt.

Die Konkurrenz für die Reformhäuser wuchs in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stetig. Um das Jahr 2000 war die Rede von einer Branche in der Krise. Die Grossverteiler Coop und Migros nahmen Marken wie Weleda oder Kneipp ins Sortiment auf und setzten auch auf Bioprodukte. Besonders kleinere Reformhäuser mussten schliessen. Nun, 20 Jahre später, steht das Reformhaus-Geschäft erneut an einem Wendepunkt. Zwar sorgte die Pandemie kurzzeitig dafür, dass gerade kleinere Bioläden ausgezeichnete Zahlen vermelden konnten.

Doch dieser Corona-Effekt ist verpufft. Die steigenden Preise und der Krieg in der Ukraine haben dem Corona-bedingten Wachstum in der Bio- und Reformhaus-Branche ein jähes Ende bereitet.

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