Die Mindestfranchise wird steigen – um wie viel, entscheidet der Bundesrat
Das Parlament will die Mindestfranchise erhöhen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat am Montag eine entsprechende Forderung verabschiedet. Damit ist der Auftrag an den Bundesrat klar: Er soll die entsprechende Verordnung anpassen.
Nur: Wie hoch die Mindestfranchise steigen soll, steht in den beiden Vorstössen von Nationalrätin Diana Gutjahr und Ständerätin Esther Friedli nicht. Die beiden Ostschweizer SVP-Vertreterinnen schreiben nur, dass diese den wachsenden Gesundheitskosten anzupassen sei und die einzelnen Erhöhungsschritte «moderat» ausfallen sollen.
«Um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen, müssen wir sämtliche Bereiche anschauen und überall ansetzen. Auch bei den Leistungsbezügern», sagt Diana Gutjahr. Viele Leute hätten eine Selbstbedienungsmentalität, würden sehr rasch den Notfall aufsuchen oder sich mit Medikamenten eindecken, auch wenn es vielleicht nicht nötig sei. «Hier braucht es mehr Eigenverantwortung.»
Dafür sinken wohl die Prämien
Auf Nachfrage will sich die Thurgauer SVP-Nationalrätin bei der Erhöhung der Mindestfranchise nicht auf einen bestimmten Betrag festlegen. Ein abgestuftes System sei denkbar, das auch alternative Versicherungsmodelle berücksichtige. Gutjahr betont zugleich, dass eine Erhöhung der Mindestfranchise den Anstieg der Prämien dämpfe: bei 50 Franken um etwa 0,6 Prozent, bei 100 Franken um 1,3 Prozent und bei 200 Franken gegen 2 Prozent. «Davon profitieren alle.»
Derzeit beträgt die Mindestfranchise 300 Franken. Wer diese wählt, bezahlt höhere Krankenkassenprämien, muss sich dafür aber weniger stark an den anfallenden Behandlungskosten beteiligen. Die nächsthöhere wählbare Franchise ist 500 Franken. Da nur an der tiefstmöglichen Stufe geschraubt werden soll, kann die Erhöhung maximal 199 Franken betragen. Ob das aber «massvoll» wäre, ist eher fraglich. Realistisch scheint ein Beitrag von 350 oder 400 Franken.
Die Entscheidung liegt grundsätzlich in der Kompetenz des Bundesrates. Mit den beiden Vorstössen wird nun aber eine rechtliche Handhabe gefordert, die einen Anpassungsmechanismus zur Folge hätte. Sprich: Steigen die Gesundheitskosten weiterhin, würde auch die Mindestfranchise steigen. Die Überprüfung soll aber nicht jährlich, sondern «periodisch» erfolgen, «damit über mehrere Jahre die gleichen Franchisen gewählt werden können», wie es in den Vorstössen heisst.
Noch 2019 war die SVP dagegen
Grundsätzliche Kritik gibt es von links. «Die Erhöhung der Mindestfranchise trifft die Falschen. Ältere Menschen zum Beispiel oder chronisch Kranke, die öfter zum Arzt müssen. Das sind häufig auch Personen mit kleinem Budget», sagt Barbara Gysi (SP/SG). Die Selbstkosten seien heute schon hoch, und die Schweizer Bevölkerung gehe im Durchschnitt relativ wenig zum Arzt.
In der bevorstehenden Diskussion in der Gesundheitskommission will Gysi sich für eine differenzierte Variante einsetzen und auch alternative Ansätze prüfen. «Eine Option wären einkommensabhängige Franchisen.» Oder unterschiedliche Franchisen je nach Versicherungsmodell, «sodass beispielsweise Personen im Telemedizin-Modell weniger stark von einer Erhöhung betroffen wären». Auch die Kinder-Franchisen sind nicht von einer möglichen Erhöhung betroffen.
Alt Bundesrat Alain Berset hatte es bei seinem Rücktritt als einen seiner grössten Erfolge verbucht, dass die Mindestfranchise in seiner Amtszeit nicht erhöht wurde. Die letzte Erhöhung war 2004. Seither liefen mehrere entsprechende Forderungen ins Leere. 2019 scheiterte kurz vor den Wahlen eine Erhöhung am Widerstand der SVP.