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Weil die Benzinpreise explodieren: SVP will Steuern für Autofahrer senken

Steigende Sprit-Preise machen Autofahrerinnen und Autofahrern zu schaffen. Die SVP möchte die Steuern auf dem Benzinpreis senken. Doch das Anliegen ist kaum mehrheitsfähig.

Der Krieg in der Ukraine beschäftigt auch die Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Allerdings immer wieder auf eine überraschende Art. So hat die SVP eine dringliche Interpellation eingereicht, um die Steuern auf die steigenden Benzinpreise zu senken. Aktuell wird die Mehrwertsteuer auf den ganzen Benzinpreis erhoben, obwohl rund die Hälfte davon staatliche Abgaben und Zuschläge – zum Beispiel für den Strassenunterhalt – ausmacht. SVP-Nationalrat Franz Grüter fordert, dass die Mehrwertsteuer einzig auf den Preis ohne Abgaben und Zuschläge erhoben wird. Damit könnte der Benzinpreis um 7 Rappen gesenkt werden.

Die aktuelle Weltlage befeuert diese Forderung. Aufgrund des Krieges in der Ukraine schiessen die Rohölpreise in die Höhe. Das führt dazu, dass auch der Preis für Benzin und Diesel gestiegen ist. An vielen Schweizer Zapfsäulen bezahlen Autofahrerinnen und Autofahrer bereits über zwei Franken pro Liter. Einen solchen Preisanstieg gab es zuletzt während der grossen Finanzkrise 2008. Damals kostete das Benzin 1.99 Franken pro Liter. Gemäss dem Touring Club Schweiz (TCS) war damals tatsächlich eine Verschiebung der Pendler vom Auto auf den öffentlichen Verkehr festzustellen. «Wie sich die Situation aktuell weiterentwickelt, wird sich noch zeigen», sagt Sarah Wahlen vom TCS.

Man soll darüber sprechen

Klar ist, dass der Benzinpreis die Bevölkerung beschäftigt. Im letzten Sommer versenkte das Stimmvolk das CO2-Gesetz. Eine Vox-Analyse vom Forschungsinstitut GfS Bern kam zum Schluss, dass die Angst vor höheren Benzinpreisen matchentscheidend war. Bei einem Ja zum CO2-Gesetz hätte der Benzinpreis bis zu 12 Rappen steigen können. 2021 war der Preis für einen Liter Benzin im Durchschnitt 1.76 Franken.

Mitte-Nationalrat und Gewerbeverbands-Präsident Fabio Regazzi sagte gegenüber dem Tagesanzeiger, man müsse der Bevölkerung und den Unternehmen nun entgegenkommen. Auf Nachfrage relativiert er aber: «Ich sage nicht, dass der Vorschlag der SVP die richtige Lösung ist. Ich sage nur, dass man über dieses Thema sprechen sollte.» In seinem Kanton, dem Tessin, gebe es Arbeitnehmende, die täglich hundert Kilometer mit dem Auto zurücklegen müssten. «Vor allem normale Leute und KMU bekommen die Preiserhöhung zu spüren», so Regazzi. Anders sieht es FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Für ihn ist die SVP-Interpellation reiner Populismus: «Bei allen anderen Gütern, bei denen die Preise steigen, müsste man dann konsequent sein und ebenfalls die Mehrwertsteuer erlassen. Das ist unsinnig.» Er glaubt zudem, dass der Benzinpreis auch wieder sinken werde. Und SP-Nationalrat Roger Nordmann sagt: «Der Krieg zeigt vor allem auch, dass wir sehr schnell aus der Abhängigkeit von Öl und Erdgas aussteigen müssen.»

Umsteigen auf Elektrofahrzeuge

Anthony Patt, Professor für Klimapolitik an der ETH Zürich, zeigt zwar Verständnis für das Anliegen der SVP. Er weist aber darauf hin, dass rund 75 Prozent der Steuern auf Benzin und Diesel direkt in die Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds fliessen. Die restlichen 25 Prozent machten weniger aus als die tatsächlichen Umweltkosten bei der Verbrennung von Benzin und Dieselkraftstoffen. «Eine Senkung der Steuern würde also dazu führen, dass die Verwendung von Benzin und Diesel weiter subventioniert wird, was dem wichtigen Ziel, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, genau entgegensteht.» Der beste Weg, um das Klimaziel mit den Bedürfnissen der Familien im ländlichen Raum in Einklang zu bringen, sei die kurzfristige finanzielle Unterstützung beim Umstieg auf Elektrofahrzeuge, so der Klimaprofessor.