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Krieg, Inflation, Börsenflaute: Ängstliche Kunden schmälern den Gewinn von UBS

Die Grossbank verzeichnet einen deutlichen Ergebnisrückgang im dritten Quartal. Und es gibt Hinweise für ein Gerangel in der Chefetage.  

Unsichere Zeiten sind schlecht für Vermögensanlagen und damit auch für die UBS. Die nach eigener Aussage weltgrösste Vermögensverwaltungsbank konnte im dritten Quartal des laufenden Jahres aber immer noch einen Gewinn von 1,7 Milliarden Dollar einfahren. Allerdings fiel dieser im Vergleich zum Vorjahr um einen Viertel geringer aus.

Der scharfe Rückgang konnte allerdings mit Blick auf die seit Jahresbeginn deutlich verschlechterten Geschäftsbedingungen erwartet werden. Doch die Investoren hatten offensichtlich noch Schlimmeres befürchtet. Das erklärt, weshalb der Aktienkurs am Dienstag trotz der Ergebniseinbusse um mehr als sechs Prozent auf über 16 Franken hochschnellte.

Kunden scheuen das Risiko

UBS-Chef Ralph Hamers bemühte sich im Gespräch mit Finanzanalysten und Journalisten nach Kräften, die grosse Widerstandsfähigkeit der Bank herauszustreichen. Die hohen Inflationsraten, die gestiegenen Energiepreise, der Krieg in der Ukraine und die Nachwirkungen der Pandemie böten auch den UBS-Kunden genügend Grund zur Sorge. Viele hätten sich deshalb mit dem Wunsch nach Beratung und Lösungen «vertrauensvoll an uns» gewandt, erklärt Hamers den Zustrom an «gebührengenerierenden Vermögenswerten» im Umfang von 17 Milliarden Dollar im Berichtsquartal.

Der Mittelzufluss, der laut Hamers primär von bestehenden Kunden kam, mag zwar als Zeichen des Vertrauens in die Solidität der UBS gelten. Doch deren Aktionäre hätten es wohl lieber gesehen, wenn die Kunden mit der UBS mehr Börsengeschäfte getätigt hätten. Stattdessen steckten sie ihr Geld aber in offensichtlich konservative und für die Bank wenig lukrative Anlageformen. So musste die UBS in ihrer Paradedisziplin Vermögensverwaltung einen Rückgang der transaktionsabhängigen Erträge im Umfang von 18 Prozent hinnehmen.

Dass das «Global Wealth Management», wie die Geschäftssparte auf Neudeutsch heisst, den Rückgang ihres Gesamtertrages dennoch auf lediglich vier Prozent begrenzen konnte, verdankte sie allein dem Nettozinsertrag, der dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent zunahm. Die UBS spricht in diesem Zusammenhang von einer «aktiven Bewirtschaftung der Einlagenbasis». Im Wesentlichen ist damit gemeint, dass die Bank im Zug der weltweit verschärften Geldpolitik inzwischen deutlich höhere Kreditzinsen einnimmt, die Verzinsung der Einlage- und Spargelder aber auf einem Minimum belässt.

UBS zieht bei Zinsen nicht nach

In der Schweiz zum Beispiel bewegt sich der Leitzins seit gut einem Monat wieder bei 0,5 Prozent. Neue Kredite sind mit dem Ende der Nullzinspolitik massiv teurer geworden. Ein Standard-Sparkonto verzinst die UBS aber immer noch zu null Prozent. Auf die Frage, weshalb die UBS nicht mit anderen Banken gleichziehen und die Sparzinsen anheben wolle, sagte Ralph Hamers lakonisch: «Das ist Wettbewerb.»

In der Tat können die Banken mindestens in der Schweiz noch auf die Trägheit ihrer Kundschaft vertrauen. Diese scheint sich weniger an einem entgangenen Zinsertrag zu stören, als sie den Aufwand für einen Bankwechsel scheut.

Vor diesem Hintergrund prognostizierte die neue Finanzchefin Sarah Youngwood für das Schlussquartal des laufenden Jahres eine weitere Zunahme des Nettozinsertrages im Konzern um rund 200 Millionen Dollar auf etwa 1,8 Milliarden Dollar. Youngwood meinte, dieses höhere Niveau könnte über das gesamte kommende Jahr hinweg gehalten oder gar noch gesteigert werden.

Die erwarteten Zusatzeinnahmen von mindestens 400 Millionen Dollar werden das Geschäft der UBS im kommenden Jahr aber auch nicht retten, wenn die Kunden nicht mutiger werden und der Bank das Geschäft versagen. Den hohen Gewinn von 7,5 Milliarden Dollar, den die Bank im ersten Jahr unter Hamers erreichen konnte, dürfte sie bis Ende Jahr nicht mehr egalisieren können, obschon das Ergebnis nach neun Monaten bereits sechs Milliarden Dollar beträgt.

Dennoch hatte die Bank schon vor Monatsfrist überraschenderweise eine Erhöhung der Dividende für das laufende Jahr von 0.51 auf 0.55 Franken versprochen und gleichzeitig den Kauf des amerikanischen Robo-Vermögensverwalters Wealthfront abgesagt. Hamers bezeichnete den Rückzug aus dem von ihm selbst forcierten Geschäft als Änderung in der Taktik, aber nicht in der Strategie.

Iqbal Khan schielt auf den Chefposten

Strategisch bleiben die USA ein zentraler Wachstumsmarkt, sagte er. Auf Journalistenfragen über die Hintergründe des Taktikwechsels wich der CEO zweimal aus. Hamers’ zurückhaltende Kommunikation kann als Hinweis dafür interpretiert werden, dass der Niederländer unter dem neuen Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher einen grösseren Druck verspürt. Die «Financial Times» behauptete unlängst, die Absage der Wealthfront-Übernahme sei auf Druck von Investoren und somit möglicherweise gegen den Willen von Hamers beschlossen worden.

Diese Woche kolportierte die Agentur Bloomberg, Hamers’ wichtigster Manager Iqbal Khan, Chef der Vermögensverwaltungsdivision, strecke seine Fühler nach dem CEO-Posten aus. Diese Darstellung mag überzogen erscheinen, aber sie zeigt, dass auch bei der UBS manche Investoren ungeduldig geworden sein dürften. Der Börsenwert der UBS liegt mit 55 Milliarden Franken nur etwa auf gleicher Höhe wie das Eigenkapital. US-Banken weisen eine weit höhere Bewertung auf.