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Schweiz bleibt hart: Deutschland darf Munition nicht in die Ukraine liefern

Deutschland wollte der Ukraine Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard aus der Schweiz liefern. Nun lehnt die Schweiz ein weiteres Mal die Weitergabe ab. Die rechtliche Situation habe sich seit dem Frühling nicht verändert, argumentiert der Bundesrat.

Im Oktober war ein Brief der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht beim Bundesrat eingetroffen. Konkret verlangte sie darin, dass Deutschland 12’400 Patronen für den Flugabwehrpanzer Gepard an die Ukraine weitergeben darf. Die Munition stammt ursprünglich aus der Schweiz.

Daraus wird nun aber nichts. Der Bundesrat hat am Mittwoch beschlossen, der Weitergabe von Schweizer Kriegsmaterial an die Ukraine nicht zuzustimmen. Aufgrund des «neutralitätsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots» könne die Schweiz einer Ausfuhr nicht zustimmen, solange die Ukraine «in einen internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt» sei, heisst es in einer Mitteilung des Wirtschaftsdepartements von Donnerstag.

Schweiz hält humanitäre Tradition hoch

Aus Sicht des Bundesrates hat sich die rechtliche Situation nicht geändert. Die Schweizer Gesetzgebung verbietet es Käuferstaaten, Kriegsmaterial aus der Schweiz an Dritte weiterzugeben. Der Bundesrat untersagte Deutschland deshalb bereits im April, zusammen mit den Kanonenpanzern auch die dazugehörige aus der Schweiz erworbene Munition in die Ukraine zu liefern.

Der zuständige Bundesrat Guy Parmelin betonte in seiner Antwort an die deutsche Verteidigungsministerin, «dass die Schweiz sich entschieden für Frieden und Sicherheit engagiert, jedoch stets unter der strikten Einhaltung des Neutralitätsrechts, wie dies ihrer humanitären Tradition entspricht». Er verwies dabei auch auf die am Mittwoch beschlossene Winterhilfe in der Höhe von 100 Millionen Franken, um die Menschen in der Ukraine zu unterstützen.

Begründung der Ukrainer überzeugt Bundesrat nicht

Aus Sicht des Bundesrates ändert sich auch nichts dadurch, dass die Ukraine auf einen diplomatischen Kniff zurückgriff. Kiew sollte die Munition nicht zur Verteidigung des ukrainischen Territoriums erhalten, sondern um den Getreideexport aus der Ukraine zu sichern, lautete die Begründung.

In Diplomatenkreisen zirkuliert ein Schreiben der ukrainischen Verteidigungsministerin, das die Hintergründe beleuchtet. Die Transport- und Energieinfrastruktur des Landes diene nicht nur der Versorgung der eigenen Bevölkerung, sondern ermögliche auch den Export von Getreide aus der Ukraine für den Weltmarkt, heisst es im Papier, das auch CH Media vorliegt. Dieser sei wiederum notwendig, um humanitäre Programme der UNO und der Regierungen afrikanischer und asiatischer Länder zur Bekämpfung der globalen Hungerkrise zu implementieren.

Da Deutschland die Flugabwehrpanzer explizit zum Schutz der ukrainischen Schwarzmeerhäfen geliefert habe, handle es sich bei deren Einsatz also um eine «humanitäre Mission». Ob die Schweiz aufgrund des diplomatischen Kniffs anders entscheiden kann, war schon von Beginn an fraglich. Denn um eine offizielle UNO-Mission handelt es sich bei den Getreideexporten nicht.

Kommission hat Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes gerade erst vertagt

Das Thema beschäftigt auch die Politik. Der Aargauer FDP-Ständerat Thierry Burkart lancierte eine Motion, die eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes verlangt: Das Weiterausfuhrgebot soll nicht für Länder gelten, die «Werte mit uns teilen».

Die Motion liegt derzeit bei der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates. Diese hat am Dienstag entschieden, die Beratung zu sistieren, um die möglichen Folgen einer solchen Lockerung zu prüfen. Umstritten ist unter anderem die Kompatibilität mit dem Neutralitätsrecht.