Schweiz muss erneut über deutsche Munition für Ukraine entscheiden
Die Schweiz soll Deutschland nun doch erlauben, Munition für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard in die Ukraine zu schicken. Möglich werden soll dies durch einen diplomatischen Schachzug: Kiew soll die Munition nicht zur Verteidigung des ukrainischen Territoriums erhalten, sondern um den Getreideexport aus der Ukraine zu sichern. Dies berichtete am Mittwoch der Tages-Anzeiger. VBS-Sprecher Lorenz Frischknecht bestätigte gleichentags gegenüber CH Media: «Deutschland hat sich mit einem Gesuch an das Verteidigungsdepartement VBS gewendet.»
Weitere Details möchte er nicht bekannt geben. «Das Schreiben ist nicht öffentlich und damit äussern wir uns nicht zu Einzelheiten», winkt Frischknecht ab. Ein vom Tages-Anzeiger zitiertes Dokument, das auch CH Media vorliegt, gibt aber Hinweise auf die Hintergründe: Das auf den 14. Oktober datierte Schreiben, das angeblich vom ukrainischen Verteidigungsministerium stammen soll und in Diplomatenkreisen zirkuliert, nimmt Bezug auf die russischen Luftschläge vom 10. und 11. Oktober, die gegen kritische Infrastruktur der Ukraine gerichtet waren.
Getreide für den Weltmarkt als humanitäre Mission
Die Transport- und Energieinfrastruktur des Landes diene nicht nur der Versorgung der eigenen Bevölkerung, sondern ermögliche auch den Export von Getreide aus der Ukraine für den Weltmarkt, so die Argumentation in dem Papier. Dieser sei wiederum notwendig, um humanitäre Programme der UNO und der Regierungen afrikanischer und asiatischer Länder zur Bekämpfung der globalen Hungerkrise zu implementieren.
Da Deutschland die Flugabwehrpanzer explizit zum Schutz der ukrainischen Schwarzmeerhäfen geliefert habe, handle es sich bei deren Einsatz also um eine «humanitäre Mission.» Ob die Schweiz aufgrund des diplomatischen Kniffs anders entscheiden kann, ist indes fraglich. Denn um eine offizielle UNO-Mission handelt es sich bei den Getreideexporten nicht. Politisch dürfte das Wiederausfuhrverbot angesichts der neuen Argumentationslinie aber noch schwieriger zu verteidigen sein.
Kommission hat Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes gerade erst vertagt
Die Schweizer Gesetzgebung verbietet es Käuferstaaten, Kriegsmaterial aus der Schweiz an Dritte weiterzugeben. Die Schweiz untersagte Deutschland deshalb im April, zusammen mit den Kanonenpanzern auch die dazugehörige aus der Schweiz erworbene Munition in die Ukraine zu liefern.
In der Folge lancierte der Aargauer FDP-Ständerat Thierry Burkart eine Motion, die eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes verlangt: Das Weiterausfuhrgebot soll nicht für Länder gelten, die «Werte mit uns teilen». Die Motion liegt derzeit bei der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates. Diese hat am Dienstag entschieden, die Beratung zu sistieren, um die möglichen Folgen einer solchen Lockerung zu prüfen. Umstritten ist unter anderem die Kompatibilität mit dem Neutralitätsrecht.