Gross-Razzia bei den Reichsbürgern – auch in der Schweiz finden Hausdurchsuchungen statt
Das Strafverfahren werde wegen des Verdachts auf Unterstützung oder Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Organisation geführt, teilte die Bundesanwaltschaft (BA) auf Anfrage von CH Media mit. Es handle sich um zwei Personen mit Schweizer Staatsbürgerschaft, die im Kanton St. Gallen wohnen. «Die Klärung der mutmasslichen Rollen und Absichten der beschuldigten Personen ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen», heisst es weiter.
Im Rahmen dieses Verfahrens führte die BA zusammen mit dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) und der Kantonspolizei St. Gallen Hausdurchsuchungen und Einvernahmen der beschuldigten Personen durch. Diese Hausdurchsuchungen seien aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen in enger Koordination mit den deutschen Behörden erfolgt, heisst es weiter. Für die Beschuldigten gelte die Unschuldsvermutung.
Die BA habe bezüglich Reichsbürger mehrere Rechtshilfegesuche der deutschen Generalbundesanwaltschaft erhalten. Diese seien entweder bereits abgeschlossen oder befinden sich gegenwärtig im Vollzug, teilte die BA weiter mit. Die Rechtshilfe kann unter anderem Befragung von Zeugen oder Verdächtigen umfassen und die Auslieferung von Festgenommenen.
Polizist in Deutschland angeschossen
In acht deutschen Bundesländern und in der Schweiz wurden im Auftrag der Bundesanwaltschaft am Mittwoch insgesamt mehr als 20 Objekte durchsucht. Ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) wurde in Reutlingen in Baden-Württemberg bei einem Einsatz angeschossen und leicht verletzt.
Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte, dass bei der Durchsuchung am Mittwochmorgen ein Schuss abgegeben wurde. Die Person sei vorläufig festgenommen worden, gegen sie werde wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt. Der Schütze soll sich dem Vernehmen nach beim Eintreffen der Einsatzkräfte verschanzt und zur Wehr gesetzt haben. Laut Bundesanwaltschaft fand die Durchsuchung in Reutlingen bei jemandem statt, der bisher nicht als tatverdächtig galt.
Mehrere Festnahmen im Dezember
Anfang Dezember hatte es eine grossangelegte Anti-Terror-Razzia gegen «Reichsbürger» in mehreren Bundesländern, Österreich und Italien gegeben. Damals waren 25 Männer und Frauen festgenommen worden. In diesem Verfahren ermittelte die Bundesanwaltschaft ausserdem gegen 30 weitere Menschen. Es hatte immer geheissen, es sei nicht ausgeschlossen, dass im Laufe der Zeit mehr Beschuldigte hinzukommen.
«Reichsbürger» sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie behaupten das Deutsche Reich (1871-1945) würde weiter existieren, daher ihr Name. Der Verfassungsschutz (Inlandsgeheimdienst) rechnete der Szene der «Reichsbürger» und «Selbstverwalter» 2022 deutschlandweit etwa 23’000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr. (dpa/abi)