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Wegen Bancomatsprengungen: Diese Kantonalbanken heben Geldautomaten auf

Sprengstoff-Angriffe auf Bancomaten verharren auf hohem Niveau. Die Neuenburger und die jurassische Kantonalbank kommunizieren jetzt offen, wie sie der Gefahr begegnen.

Es ist tiefe Nacht, als am Montag um 1.40 Uhr Anwohner unsanft geweckt werden. In La Brévine NE versuchen Unbekannte, einen Geldautomaten der Neuenburger Kantonalbank in die Luft zu sprengen. Es kommt zu drei Explosionen. Der Bancomat und das Gebäude, in dem sich auch Wohnungen befinden, werden erheblich beschädigt. Die Polizei rückt sofort mit mehreren Patrouillen aus. Doch die Täter sind noch immer flüchtig, wie die Neuenburger Kantonspolizei mitteilte. Beute machen sie keine. Ein Anwohner landet wegen eines Schocks im Spital, kann dieses aber noch am Montag wieder verlassen.

In diesem Jahr registrierte das Bundesamt für Polizei (Fedpol) bis jetzt 17 Angriffe auf Bancomaten, 12 davon erfolgten mit Sprengstoff.Die Täter sind gemäss Fedpol bestens organisiert, skrupellos und grenzüberschreitend aktiv. Etwa die Hälfte der Sprengstoffattacken geht auf das Konto rumänischer Banden. Auch von der Niederlande aus operieren kriminelle Netzwerke, wobei die Täter meistens einen marokkanischen Migrationshintergrund haben. Diese moderne Art von Bankraub ist gefährlich. Umherfliegende Teile können Unbeteiligte verletzen.

Wie reagieren die Banken auf die Plage, die sich in der Schweiz seit 2018 ausbreitet? Viele geben sich zugeknöpft. Raiffeisen teilt mit, sie äussere sich aus sicherheitstechnischen Gründen nicht dazu, wie viele Bancomaten aus Sicherheitsgründen geschlossen oder nach Attacken nicht wieder eröffnet wurden. Auch die UBS gibt «aus sicherheitsrelevanten Gründen keine Details bekannt», wie eine Sprecherin sagt.

Kantonalbanken von Neuenburg und Jura durchbrechen Verschwiegenheit

Am Montag hat ein Geldinstitut die brancheninterne Verschwiegenheit durchbrochen. Nach dem Angriff auf den Bancomat in La Brévine kommunizierte die Neuenburger Kantonalbank proaktiv die Schliessung von vier Bancomaten, drei von ihnen liegen in der Peripherie. Die Bank argumentiert mit dem Anstieg der Sprengstoffattacken in der «ganzen Region». Zuvor hatte sie bereits die Summen in den Geldautomaten drastisch reduziert.

Bereits in der Vorwoche hatte die jurassische Kantonalbank gleiche Massnahmen angekündigt. Im Mai sprengten Täter die Bancomaten in den Gemeinden Noirmont und Alle und entkamen mit einer Beute in unbekannter Höhe. Im vergangenen Oktober wurde zudem die Filiale in Bassecourt auf herkömmliche Weise überfallen.

«Die Sicherheit unserer Mitarbeitenden, unsere Kunden und der Anwohner in der Nähe unserer Banken haben absolute Priorität. Wir nehmen die Situation sehr ernst», schrieb die Kantonalbank – und schob folgende Sofortmassnahmen nach: Drei Bancomaten werden bis auf weiteres geschlossen, ebenso die Schalter in Noirmont und Alle. Die Bank verstärkt ihr Sicherheitsdispositiv.

Das Fedpol empfiehlt einige Präventionsmassnahmen.So geraten zum Beispiel freistehende und abgelegene Bancomaten eher ins Visier der Täter als jene, die sich mitten in einer Stadt befinden. Das Fedpol rät auch, Bancomaten nicht in Wohnhäusern zu platzieren, weil die Sprengungen eine Gefahr für die Personen in der unmittelbarer Umgebung darstellen. Schliesslich sollte nicht zu viel Geld in Bancomaten deponiert werden.

Im Jahr 2023 ist die Zahl der Angriffe auf Bancomaten auf 31 gesunken, im Vorjahr waren es noch fast doppelt so viele (57). Für das Fedpol wäre es verfehlt, Entwarnung zu geben – zumal die gefährlichste Variante der Bancomatenknacker, jene mit Sprengstoff, auf konstant hohem Niveau verharrt.

Die Bundesanwaltschaft führte Ende 2023 rund 80 Verfahren wegen Bancomatangriffen. In drei Fällen erhob sie bis jetzt Anklage. Zu fünf Jahren und vier Monaten Haft verurteilt wurde zum Beispiel der rumänische Täter, der Anschläge auf Bancomaten in Sevelen und Neftenbach durchführte.