Personalausfälle wegen Omikron? So bereiten sich Aargauer Spitäler, AKW-Betreiber, Kantonspolizei, Feuerwehr und Grossverteiler vor
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz warnt vor möglichen Problemen bei kritischen Infrastrukturen, falls zu viele Leute wegen Omikron gleichzeitig erkranken sollten. Besonders gross sei das Risiko, wenn Schlüsselpersonal im Gesundheitswesen, im Bereich der Energie- und Lebensmittelversorgung und in den jeweiligen Zulieferbetrieben ausfalle.
Wie beurteilt man in den Kantonsspitälern in Aarau und Baden die Situation? «Die Patientenversorgung am KSA ist sichergestellt und die Personalsituation kompensiert. Aufgrund der sich rasch entwickelnden epidemiologischen Lage ist eine langfristige Planung jedoch herausfordernd», sagt Mediensprecher Boris Rauscher.
Es wurden verschiedene Massnahmen getroffen, um Ansteckungen innerhalb der Belegschaft zu verhindern. So wurde frühestmöglich damit begonnen, «alle unsere Mitarbeitenden mit der Boosterimpfung bestmöglich zu schützen». Alle nicht immunen Personen und alle, deren letzte Immunisierung mehr als vier Monate zurückliegt, müssen sich im Rahmen des repetitiven Testens regelmässig testen lassen.
Eine freiwillige Teilnahme von geboosterten Personen werde weiterhin begrüsst. Für Mitarbeitende mit Symptomen bestehe zusätzlich rund um die Uhr die Möglichkeit für einen Walk-in-Test. In kritischen Bereichen würden konsequent FFP2-Masken getragen. Präsenzveranstaltungen werden auf ein Minimum reduziert.
Vorbereitungen, falls es zusätzliche Arbeitskräfte braucht, sind im Gange
Sollten diese Massnahmen nicht reichen, müssen zusätzliche Arbeitskräfte mobilisiert werden. Eine Möglichkeit hierfür sei beispielsweise, so Rauscher, «dass Ambulatorien ihren Betrieb reduzieren und so das frei werdende Personal für die stationäre Patientenbetreuung eingesetzt werden würde. Entsprechende Vorbereitungen sind im Gange.»
Empfehlung zum Eigenschutz ans Spitalpersonal für FFP2-Masken
«Es ist von grösster Wichtigkeit, dass wir mit ausreichend Personal unterwegs sind. Nur so können wir einen reibungslosen Ablauf gewährleisten», sagt Omar Gisler, Mediensprecher des Kantonsspitals Baden (KSB). Mit Blick auf Omikron habe man deshalb die bisherigen Schutzkonzepte, die sich bewährt hätten, nochmals verstärkt. So wird dem Spitalpersonal beispielsweise empfohlen, zwecks Eigenschutz FFP2-Masken zu tragen.
Befürchtung, ein Intensivbett schliessen zu müssen, hat man ständig
Die Befürchtung, dass man IPS- oder andere Betten wegen Personalmangels infolge vieler Erkrankungen vorübergehend schliessen müsste, habe man ständig, sagt Gisler: «Bei den Besprechungen im Krisenstab des Spitals ist die Verfügbarkeit des Personals in allen Bereichen und Berufsgruppen jeweils eines der wichtigsten Traktanden. Bis jetzt sind wir dank all dieser Massnahmen sowie dank des Engagements und der Flexibilität der Mitarbeitenden gut über die Runden gekommen.»
Kantonspolizei: Intern möglichst wenig unnötige Kontakte
Die Kantonspolizei habe ein stringentes Schutzkonzept umgesetzt und die Einsatzfähigkeit und Handlungsfreiheit im bisherigen Verlauf der Pandemie stets aufrechterhalten können, sagt Sprecherin Aline Rey mit Blick auf Omikron. Selbstverständlich beinhalte das Schutzkonzept auch, innerbetrieblich sämtliche unnötigen Kontakte zu vermeiden. Zudem, so Rey, «haben wir eine sehr hohe Impfquote erreicht. Die Lage wird laufend beurteilt, und nötigenfalls werden weitere Massnahmen in Betracht gezogen.»
KKW Leibstadt könnte bei Bedarf zusätzliches Personal aufbieten
Das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) habe einen starken Fokus darauf, durch umfassende Schutzmassnahmen Infektionen am Arbeitsplatz zu verhindern, sagt Mediensprecher Thomas Gerlach, «und war damit auch erfolgreich». Ihre Mitarbeitenden seien gut motiviert, sich in der Freizeit gleichermassen zu schützen. Des Omikron-Risikos sei man sich bewusst.
Gerlach sagt: «Wir haben unsere Schutzmassnahmen punktuell noch zusätzlich verstärkt und beobachten die Situation ständig.» Das AKW Leibstadt habe die Möglichkeit, bei grösseren krankheitsbedingten Ausfällen zusätzliches Personal aufzubieten (Pikett/Erreichbarkeitslisten), um den Betrieb sicher weiterzuführen.
Schichtwechsel würden so durchgeführt, dass Kontakte zwischen den beiden Schichtgruppen minimiert werden. Dazu kommen Homeoffice und Videositzungen, um die Zahl der Personen im Werk und die Kontakte zu reduzieren. Gut ein Fünftel der Belegschaft kann seine Funktionen auch von zu Hause aus erfüllen, wie der Sprecher sagt. Die Kraftwerksoperateure, Elektriker, Mechaniker, Strahlenschutz usw. müssen aber vor Ort sein, da ist Homeoffice nicht möglich.
Axpo: Verschärfte Regeln in der Netzleitstelle in Baden
In der Netzleitstelle der Axpo in Baden gelten neuerdings neben der 3G-Regelung verschärfte Abstandsregeln und eine generelle Maskenpflicht, zudem wurde eine strikte Raumtrennung mittels Plexiglastrennwänden vorgenommen, und die Räumlichkeiten werden noch regelmässiger gereinigt und desinfiziert als bisher, so Mediensprecher Noel Graber. Zutritt hat nur noch das zwingend vor Ort erforderliche Schichtpersonal, das in getrennten Schichten arbeitet. Zudem sei sichergestellt, «dass auch über die Feiertage mittels Back-up-Lösung aus dem Homeoffice immer genügend Mitarbeitende zur Verfügung stehen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten».
Im Kernkraftwerk Beznau (KKB), dessen Personal über eine überdurchschnittlich hohe Impfquote verfüge und vielfach bereits geboostert sei, gelte der bestehende Schichtplan insbesondere für die Operateure der Anlage. Es wurden aber Anpassungen bei der Präsenz vor Ort vorgenommen: In allen Abteilungen muss nur noch mindestens ein Drittel der Mitarbeitenden vor Ort sein.
Bei Swissgrid, zuständig für die Stromversorgung in der Schweiz, vertiefen sich die Verantwortlichen laut «Tages-Anzeiger» in die Notfallpläne. Sollte es krankheitsbedingt zu grösseren Ausfällen kommen, sind im System schon doppelte Zuständigkeiten angelegt. «Wir haben je eine Netzleitstelle in Prilly und eine in Aarau», sagte Swissgrid-Sprecherin Stephanie Bos zum «Tages-Anzeiger». Beide Leitstellen könnten je für die andere einspringen und das gesamte Netz steuern. Zudem gäbe es einen Pool an Mitarbeitenden, die früher an kritischen Stellen gearbeitet hätten und im Notfall auf Stand-by seien.
Coop und Migros haben Vorkehrungen getroffen
Und wie sieht es bei Grossverteilern und ihren Verteilzentren aus – Coop in Schafisheim und Migros in Suhr betreiben im Aargau zwei wichtige Logistikstandorte –? Coop habe eine Vielzahl an Vorkehrungen getroffen und organisatorische Massnahmen vorbereitet, «wobei wir uns auf die guten Erfahrungen aus vorangegangenen Wellen stützen», sagt Rebecca Veiga, Leiterin der Medienstelle. Dazu gehöre etwa, dass speziell geschulte Mitarbeitende die Umsetzung der Schutzmassnahmen an den verschiedenen Standorten aktiv unterstützen. Veiga: «Coop konnte ihren Versorgungsauftrag jederzeit erfüllen.»
Migros: Nicht mehr Krankheitsfälle, Lager gut gefüllt
Man treffe nicht «standortspezifische» Vorkehrungen, sagt Andrea Bauer, Mediensprecherin von Migros Aare. Die Migros setze «auf sehr gute und mittlerweile sehr bewährte Schutzkonzepte». So verzeichne man seit Ausbruch der Pandemie mit Ausnahme eines kleineren Peaks im März 2020 und eines grösseren Ausschlags im November 2020 schweizweit nicht mehr Krankheitsausfälle als in anderen Jahren. Zudem seien die Lager gut gefüllt: «Es ist uns im bisherigen Pandemieverlauf jederzeit gelungen, unseren Beitrag zur Landesversorgung sicherzustellen», betont Bauer. Man sei also zuversichtlich, beobachte die Lage aber nüchtern-aufmerksam.
Feuerwehren konnten bis jetzt trotz Corona alle Einsätze wahrnehmen
«In der ganzen Zeit, seit wir schon unter Corona leiden, konnten die Feuerwehren im Kanton Aargau jeden einzelnen Einsatz wahrnehmen», sagt Urs Ribi, Abteilungsleiter Feuerwehrwesen bei der Aargauischen Gebäudeversicherung. Man habe zwar lange das Ausbildungswesen stornieren müssen, konnte jedoch bereits dieses Jahr den grössten Teil nachschulen.
Natürlich gebe es bei den Feuerwehren genauso Krankheitsfälle: «Wir sind aber so flächendeckend und gut organisiert, dass wir unseren Auftrag weiter erfüllen können.» Man rechne beim Bestand beispielsweise einer mittelgrossen Feuerwehr von 100 Mann generell mit einer Verfügbarkeit von 50 Prozent. Das erreiche man auch jetzt. Bei Bedarf könnte man zudem jederzeit benachbarte Feuerwehren aufbieten.