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Der Erfinder von «Basic Instinct» sagt: «Ich schrieb das Drehbuch in 13 Tagen»

Vor 30 Jahren kam «Basic Instinct» in die Kinos. Drehbuchautor Joe Eszterhas erzählt von Kontroversen und seiner Rekordgage.

Michael Douglas als Kommissar und vor allem die damals unbekannte Sharon Stone als mörderische Krimiautorin machten «Basic Instinct» zum Kultfilm. Was war der Ursprung der Story?

Ich war ein paar Jahre Polizeireporter in Cleveland. Da gab es einen charismatischen Cop, der drei Leute auf dem Gewissen hatte. Sein Übername war «The Shooter». Mit neunzehn hatte ich ein Verhältnis mit einer Frau, die zehn Jahre älter war und es genoss, Leute intellektuell und sexuell zu manipulieren. Sie hatte auch eine düstere Seite. Wieso diese beiden Figuren aus meiner Vergangenheit zum Zeitpunkt nach meinem Streit mit Michael Ovitz hervorkamen, weiss ich nicht. Ich schrieb das Drehbuch in dreizehn Tagen. Die Dialoge flossen um 3 Uhr morgens nur so aus mir heraus. Bevor ich das Script abschickte, hatte ich einen Geistesblitz und änderte das Titelblatt von «Love Hurts» in «Basic Instinct».

Joe Eszterhas.
Foto: Michael Caulfield Archive / WireImage

Michael Ovitz war der mächtigste Agent in Hollywood. Als Sie seine Agentur verliessen, drohte er, Ihre Karriere zu zerstören.

Michael Ovitz verhielt sich wie ein richtiger Schurke. Wir Drehbuchautoren kommen sowieso immer zuletzt und dann hat er mich wie ein Tyrann behandelt, was mich an meine Kindheit als Flüchtling erinnerte, als ich oft gehänselt wurde. Ich wollte ja nur aus alter Loyalität zu meinem Mentor Guy McElwaine zurück, der wieder Agent wurde. Ich hätte nicht gedacht, dass daraus der Dritte Weltkrieg entstehen würde.

Der Dritte Weltkrieg?

Michael Ovitz sagte, er würde seine Fuss-Soldaten den ganzen Wilshire Boulevard runterschicken, um mich in den Boden zu trampeln. Das ist Putin-Rhetorik! Ich habe dann das grössere Haus, das ich gerade gekauft hatte, wieder verkauft, weil meine Zukunft so ungewiss war. Den Brief, den ich ihm darauf schrieb, war etwas vom besten, was ich je geschrieben habe. Er hat ihn nicht umgebracht, aber es hat wohl wehgetan. Ich bin jedenfalls noch im Geschäft und er nicht.

Sie haben das Drehbuch von «Basic Instinct» per Auktion für eine Rekordsumme verkauft. Wie lief das ab?

Ich habe das Drehbuch zwei befreundeten Produzenten angeboten: Mike Medavoy und Andy Vanja. Mike offerierte 1,7 Millionen Dollar, Andy wollte die Auktion abwarten. Dann wurde das Script an die anderen Studios geschickt. Mario Kassar von Carolco Pictures bot 2,5 Millionen. Ausser Fox riefen alle an und wollten Deals. Mario offerierte schliesslich 4 Millionen. Andy meinte, Hollywood würde ihn für immer hassen, wenn er einem Autor 5 Millionen zahlen würde. So ging das Buch an Mario. Ich wollte eine Million meinem Produzenten Irwin Winkler geben, aber wir verkrachten uns mit dem Regisseur Paul Verhoeven und mit Michael Douglas. So habe ich schliesslich 3 Millionen bekommen und durfte nicht aufs Set.

Sie fanden Verhoevens Pläne für den Film sexuell zu explizit. Was dachten Sie, als Sie die berühmte Verhörszene zum ersten Mal sahen?

Ich sah den Film zum ersten Mal mit meiner Familie. Mein sechzehnjähriger Sohn fand die Szene besonders spannend. Die Ironie meiner Karriere ist, dass die berühmteste Szene aller meiner Filme nicht von mir, sondern von Paul Verhoeven ist. Er hat eine lebhafte Fantasie und ist ein Provokateur. Auch jetzt noch mit seinem jüngsten Film «Benedetta». Und so wird er sein, bis zum Tod. Zureden nützt nichts. Aber ich werde seine Filme immer sehen wollen. Wenn uns jemand etwas zeigen kann, das wir noch nicht gesehen haben, dann er.

Wie wichtig war Sharon Stone für den Erfolg von «Basic Instinct»?

Es wäre nicht der gleiche Film ohne sie gewesen. Sie war wunderbar und machte den Film zum internationalen Hit. Sie hatte etwas Mädchenhaftes, aber gleichzeitig etwas Düsteres. Ihre gewagte Performance wurde massiv unterbewertet. Sie wurde für ihre Golden-Globe-Nomination verhöhnt. Das tat mir leid für sie. Sie witzelt manchmal, dass ich sie kreiert habe, aber sie ist eine so einzigartige, dynamische Kreatur, die hätte ich nie erschaffen können. Aber ich habe eine gute Rolle für sie geschrieben – so viel kann man behaupten.

Sie hatten auch oft Auseinandersetzungen mit Regisseuren, oder täuscht das?

Ich habe zwei Filme mit Costa-Gavras, zwei mit Richard Marquand und zwei mit Adrian Lyne gemacht. Das heisst also, dass man gute Arbeit leistet und miteinander auskommt. Ich hatte kein Problem, aber ich arbeitete einfach nicht gerne mit Idioten zusammen. Schliesslich habe ich etwa 30 Drehbücher geschrieben, wovon achtzehn produziert wurden.

Sie kamen nach dem Krieg mit Ihren Eltern in die USA und stellten Jahre später fest, dass Ihr Vater ein Nazi-Kollaborateur war und der Kriegsverbrechen beschuldigt wurde. Hatten Sie nie etwas geahnt?

Nein, denn er hat allen Antisemiten in der ungarischen Community in Cleveland gesagt, man solle einen Menschen nicht nach Hautfarbe oder Religion beurteilen, sondern nach seinem Charakter. Das hat er auch mir eingetrichtert. Nach der Lektüre meines Scripts zu « Music Box» (ein Gerichtsdrama über einen Nazi-Kriegsverbrecher, Anm. d. Red.), sagte er, er sei nie stolzer auf mich gewesen. Als er 1989 beschuldigt wurde, im Krieg Hetzschriften verfasst zu haben, fiel für mich eine Welt zusammen. Er wurde nicht verurteilt. Aber ich bin überzeugt, dass er involviert war, denn es wurden damals Leute erwähnt und verurteilt, die bei uns ein und aus gingen.

Was hat das alles mit Ihrer Familie gemacht?

Es war die schlimmste emotionale Erfahrung meines Lebens. Mein Vater lebte nach den Enthüllungen noch zwölf Jahre. Die ersten vier, fünf Jahre habe ich überhaupt nicht mehr mit ihm gesprochen. Ich erlaubte nicht, dass meine Kinder ihn sehen. Später zahlte ich für seine Herzoperation. Als er jedoch mit 94 im Sterben lag und mich sehen wollte, bin ich nicht zu ihm. Heute bereue ich das.