Die Debatte soll es klären: Ist Kultur systemrelevant?
Es ist ein Unwort aus der Krise: Systemrelevanz. Was unerlässlich ist, was das gutgeölte, doch durch die Covid-19-Pandemie ins Stocken geratene Uhrwerk unseres Zusammenlebens in Bewegung hält – das ist für das System relevant. Das meint das Gesundheitswesen natürlich, aber auch die Kultur? Das wurde während der Pandemie hinter den Kulissen und in den Leitartikeln der Feuilletons verhandelt.
Der Mensch lebe nicht vom Brot allein, wurde biblisch argumentiert. Aber letztlich ging – und geht – es um nüchterne Zahlen. Zunächst um eine reduzierte Auslastung der Publikumsräume, dann um Ausfallentschädigungen und Kurzarbeit.
Erstmals seit zehn Jahren verdiente die Kultur weniger als 15 Milliarden, rechnete der Bund im Oktober nach. Mit dem Ausbruch der Pandemie war die Wertschöpfung des Kultursektors im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 6,7 Prozent geschrumpft (mehr als dreimal stärker als das BIP).
Langsame Erholung von der Krise
Von diesem Rückschlag erholt sich die Branche langsam, langsamer als die Gesamtwirtschaft. Die 15 Milliardengrenze wurde zwar wieder überschritten und bereits 2021 wurden mehr Kulturunternehmen gegründet als noch vor der Pandemie. Diese beschäftigen jedoch kaum mehr Personal.
Diese Zahlen gelten für die gesamte Schweiz. Sie sprechen aber auch für das Kulturschaffen im Kanton Aargau. Man könne davon ausgehen, dass die derzeitige Krise keine neuen Probleme aufwerfe, sondern bestehende Schwierigkeiten der Kreativwirtschaft verschärfe. Zu diesem Schluss kommt Christoph Weckerle, der mit seinem Centre for Creative Economies der ZHdK mehrere Untersuchungen zum Zustand der Kreativwirtschaft durchgeführt hat.
Ein Forum soll Antworten liefern
Die Frage nach einer angemessenen Kulturförderung braucht langfristige Antworten. Daher organisieren die Interessenvertreter des Aargauischen Kulturverbands (AGKV) und die Kulturstiftung Pro Argovia eine Forumsveranstaltung. Mit prominenten Gästen aus Kultur und Wirtschaft wird über zentrale Fragen diskutiert, über Bezahlung und Bezahlbarkeit, über den Nutzen und den Wert.
Mit dabei sind neben Christoph Weckerle unter weiteren auch die Philosophin Katja Gentinetta, CH-Media-Verleger Peter Wanner oder die ehemalige Ständerätin und Kulturförderin Christine Egerszegi. Ob sie tatsächlich Antworten finden, muss sich zeigen. Der Anlass ist aber als Zeichen und Anstoss zu verstehen, dem Kulturschaffen eine verhandlungssichere Stimme zu geben.