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«Swiss Made» wäre gefragt: Mehrheit wünscht sich höheren Selbstversorgungsgrad – doch die Massnahmen dafür sind unpopulär

Schweizerinnen und Schweizer sähen es gerne, wenn mehr Lebensmittel hierzulande hergestellt würden. Gleichzeitig lehnen sie aber eine Intensivierung der Landwirtschaft ab, wie eine neue Umfrage zeigt. Ein Widerspruch?

Der Wunsch ist deutlich, und er kommt von allen Seiten: Ein Grossteil der Schweizerinnen und Schweizer möchte, dass mehr Nahrungsmittel im Inland produziert werden. Der Selbstversorgungsgrad von aktuell rund 57 Prozent soll steigen, finden 88 Prozent der Befragten laut einer neuen Studie, dem «Fenaco Stadt-Land-Monitor».

Im Durchschnitt wünschen sie sich einen Selbstversorgungsgrad von 71 Prozent. Dabei gibt es weder einen Stadt-Land- noch einen Links-Rechts-Graben, wie Studienautor Michael Hermann am Donnerstag vor den Medien sagte. Die Umfrage wurde im Auftrag des Agrarkonzerns Fenaco vom Forschungsinstitut Sotomo durchgeführt.

Allerdings ist der Weg hin zu einer höheren Produktion steinig, denn es zeigt sich ein Widerspruch: Obwohl die meisten Befragten eine deutliche Erhöhung des Selbstversorgungsgrads verlangen, seien sie eher zurückhaltend bezüglich Massnahmen, heisst es in der Studie.

Städter wollen mehr pflanzliche Nahrungsmittel

Drei mögliche Ansätze wurden den Befragten vorgelegt. Als realistischste Möglichkeit sehen die Studienautoren, dass die Bauern und Bäuerinnen auf der gleichen Fläche mehr produzieren, also den Flächenertrag steigern. Das ist jedoch unpopulär: Nur ein Viertel der Befragten unterstützt dies.

Die beiden anderen Ansätze stossen auf mehr Anklang – und legen einen Stadt-Land-Graben offen: 46 Prozent befürworten eine Ausdehnung der Landwirtschaftsflächen. Vor allem auf dem Land ist diese Forderung verbreitet.

Städterinnen und Städter sind hingegen eher dafür, dass in der Schweiz mehr pflanzliche statt tierische Nahrungsmittel produziert werden sollen. Insgesamt befürworten 44 Prozent der Befragten diesen Ansatz. Die Studienautoren melden hier allerdings einen Vorbehalt an: Der Fleischkonsum sinke nicht in dem Masse, als dass sich der Selbstversorgungsgrad auf diese Weise leicht erhöhen liesse, schreiben sie.

Bauernverband: Foodwaste vermeiden wäre der einfachste Weg

Der Schweizer Bauernverband hält einen deutlich höheren Selbstversorgungsgrad derzeit nicht für realistisch, wie er durchblicken lässt. Dass es bei den Massnahmen schwieriger werde, entspreche der Realität, sagt Sprecherin Sandra Helfenstein. Eine wesentliche Ausdehnung der Anbauflächen sei nicht möglich, vielmehr müsse man schauen, dass diese nicht weiter schrumpften.

«Entscheidend ist, dass unsere Produktionsflächen nicht stetig zurückgehen, zum Beispiel über eine weitere Ausscheidung von Flächen zur Biodiversitätsförderung», so Helfenstein. In den letzten Jahren hätten zahlreiche neue Auflagen und ökologische Massnahmen das Produktionspotenzial stetig eingeschränkt. «Den Selbstversorgungsgrad zumindest zu erhalten oder allenfalls leicht zu erhöhen, wäre ein erstrebenswertes und auch erreichbares Ziel.»

Der absolut einfachste Weg den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen sei, Foodwaste möglichst zu vermeiden, sagt Helfenstein. «Zudem können wir mit angepassten Produktionsmethoden und neuen Züchtungen wieder etwas zulegen.»

Der Wunsch nach mehr Selbstversorgung zeigt sich auch in einem anderen Bereich: der Energie. Die Bevölkerung wünsche sich eine massive Steigerung der Energieselbstversorgung von aktuell rund 30 auf 68 Prozent, heisst es in der Studie.

Um den Selbstversorgungsgrad in den nächsten zehn Jahren zu erhöhen, befürworten 85 Prozent Solaranlagen an Gebäuden, 71 Prozent Wasserkraftwerke. Nur eine Minderheit (28 Prozent) spricht sich für neue AKW aus, um den Selbstversorgungsgrad in den kommenden zehn Jahren zu steigern. Das könnte allerdings auch mit der langen Projektierungszeit neuer AKW zusammenhängen, wie es in der Studie heisst.

Für die Umfrage wurden im Januar rund 3100 Stimmberechtigte aus der Deutsch- und Westschweiz befragt.