Trotz viel Ernüchterung wird in Davos der Traum einer Olympiamedaille geboren
Schweizer Langlauf-Medaillen sind in der Geschichte der Olympischen Winterspiele eine Rarität. Neben dem vierfachen Olympiasieger Dario Cologna gab es seit 1924 einzig vier dritte Plätze. Josef Haas (1968) und Andy Grünfelder (1988) gelang dieses Kunststück über 50 Kilometer. Dazu stand auch je einmal die Schweizer Männer- (1972) und Frauen-Staffel auf dem Podest. In Davos hat sich am Freitag die Türe für eine weitere Chance geöffnet.
Der nächste Cologna hat sich zwar auch beim Heim-Weltcup nicht offenbart. Im Gegenteil: die Schweizer Ausbeute in den vier Einzelrennen des Heimevents war äusserst bescheiden. Die angestrebten Finalplätze im Sprint respektive die Top 10 über 20 km klassisch wurden klar verpasst. Die Bilanz vom Wochenende ist ernüchternd und enttäuschend.
Besonders gilt diese Feststellung für die Teamleader. Der Toggenburger Beda Klee, im vergangenen Winter überzeugend in die Weltelite vorgestossen, kommt nach wie vor nicht auf Touren. Einen Platz in den ersten 10 strebte er an, Rang 36 schaute heraus. «Ich war nicht in der Lage, bis an die Grenzen zu pushen», sagte Klee. Da beginne man unterwegs nachzudenken, anstatt einfach zu laufen. Trotz der Enttäuschung will der Ostschweizer jetzt nicht Panik aufkommen lassen. Alle Parameter würden auf grün stehen, es brauche jetzt schlicht Geduld. «An der Tour de Ski werde ich wieder angreifen», versprach Klee.
Nadine Fähndrich gibt noch Rätsel auf
Bester Schweizer über 20 km war Routinier Jonas Baumann auf Rang 24. Bei den ersten Zwischenzeiten dümpelte der Davoser noch auf Platz 50 herum, dann folgte eine bemerkenswerte Aufholjagd auf immer noch bescheidenem Niveau, schliesslich liebäugelte auch der 34-Jährige mit den Top 10.
Kein Befreiungsschlag war der Heimanlass trotz des Podestplatzes im Teamsprint für Nadine Fähndrich. Im Skatingsprint schied sie erstmals seit drei Jahren bereits in einem Viertelfinal aus und war danach bitter enttäuscht. Die erhoffte Reaktion zeigte die Schweizer Teamleaderin auch im Distanzrennen über 20 km nicht. Beim Sieg der Norwegerin Astrid Oeyre Lind und in Abwesenheit der schwedischen Elite reichte es Fähndrich mit beinahe sechs Minuten Rückstand lediglich zu Platz 29 im bescheidenen Feld von insgesamt 42 Athletinnen. Damit blieb sie noch hinter ihrer Teamkollegin Giuliana Werro (27.).
Trotz all dieser Enttäuschungen eröffnet der Schweizer Auftritt dennoch vielversprechende Perspektiven in Richtung Olympia 2026. Die Podestplätze der Duos Janik Riebli/Valerio Grond sowie Anja Weber/Nadine Fähndrich in den Teamsprints vom Freitagabend waren diesbezüglich Gold wert.
Sie zeigten auf, dass an den Winterspielen in in Cortina, wo diese Disziplin ebenfalls im Skating ausgetragen wird, ein Medaillengewinn im Langlauf ein realistisches Ziel ist. Davos war bereits das drittletzte Kräftemessen im Skating-Teamsprint, bevor es dann in 14 Monaten um das Olympia-Podest geht.
Valerio Grond kann bei Olympia zur Medaille sprinten
Vor allem das Schweizer Männer-Duo kann in Topform mit einer Ausnahme alle Gegner herausfordern. Valerio Grond und Janik Riebli werden in Cortina im besten Alter sein. Sie überzeugen durch ihre leistungsmässige Ausgeglichenheit. Riebli ist mit seiner Tempofestigkeit der ideale Partner des endschnellen Gronds. Einzig die Hürde Norwegen scheint für die beiden Freunde unüberwindbar. Johannes Klaebo unterstrich seine Sonderstellung im Finish aufs Neue und darf sich dank seiner überlegenen Erfolge im Team- und Einzelsprint nun Davoser Rekordsieger nennen.
Schweizer Medaillenträume in Cortina bei den Frauen stehen und fallen mit Nadine Fähndrich. An guten Tagen kann die Luzernerin mit Ausnahme der schwedischen Sprintspezialistinnen die Konkurrenz in Schach halten. Fähndrich ist allerdings darauf angewiesen, dass ihre Sprintpartnerin zuvor keine Löcher aufreisst, die sie zuerst wieder zulaufen muss. Diesen Job hat Anja Weber in Davos zufriedenstellend erledigt. Und auch sie weist im Hinblick auf Olympia noch Steigerungspotenzial auf. Träumen ist also erlaubt – selbst nach einem Wochenende der Ernüchterung.