Gibt es ein Recht auf vegane Ernährung? Streit zwischen Unispital und Patientin landet vor Bundesgericht
Es sind happige Vorwürfe, die eine Frau an die Adresse des Unispitals Lausanne (CHUV) richtet. Das Spital habe ihre Gewissensfreiheit verletzt und sie hinsichtlich ihrer veganen Ernährungsweise diskriminiert, so die ehemalige Patientin. Was ist vorgefallen?
Im vergangenen Frühjahr war die Frau während über zwei Monaten im Unispital in psychiatrischer Behandlung. Obwohl sie explizit auf ihre vegane Ernährung hingewiesen hatte, wurden ihr zu Beginn ihres Aufenthalts zwei Mahlzeiten mit tierischen Produkten serviert. Das wollte die Schwester der Patientin nicht hinnehmen: Sie wandte sich in einem Schreiben an das Unispital und betonte, dass sie bereits im Rahmen einer früheren Hospitalisierung mehrmals intervenieren musste. Die Frau forderte das CHUV dazu auf, die vegane Ernährungsweise zu respektieren.
Veganerin unterliegt vor Gericht
Das Unispital antworte daraufhin, dass die zuständige Abteilung informiert werde, damit eine Lösung gefunden werden könne. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichts hervor, das am Montag publik wurde. Denn die Veganerin beschritt noch während ihres Aufenthalts den Rechtsweg. Vor dem Waadtländer Kantonsgericht machte sie geltend, dass ihr Recht auf eine ausgewogene vegane Ernährung verletzt worden sei. Das Gericht trat jedoch nicht auf die Beschwerde ein. Dieser Entscheid wird nun vom Bundesgericht bestätigt. Der Grund ist formeller Natur: Das Antwortschreiben der CHUV-Direktion könne nicht angefochten werden, weil es sich um kein rechtlich verbindliches Dokument handle, heisst es im Urteil.
Gegenüber CH Media bestätigt das Unispital Lausanne, dass im Fall einer veganen Person zwei Mal falsche Mahlzeiten serviert worden seien. Mit weiteren Informationen zum konkreten Fall hält sich das Spital zurück. Es verweist jedoch darauf, dass eine Ernährungsberaterin hinzugezogen worden sei, um die Nährstoffzufuhr der Person zu gewährleisten.
Allgemein hält das Unispital Lausanne fest, dass es kein veganes Menu auf der Speisekarte gebe. Die Auswahl für die Patientinnen und Patienten umfasse nebst klassischen und vegetarischen Mahlzeiten auch Angebote auf ärztliche Anordnung, wie beispielsweise die glutenfreie oder salzarme Ernährung. Da der Bestellprozess von speziellen Diäten zeitaufwendig sei, könne das CHUV nur die am häufigsten vorkommenden Ernährungsformen berücksichtigen, schreibt das Unispital weiter. Wer sich während des Aufenthalts vegan ernähren will, dem bleibt aber die Option, bei den vegetarischen Gerichten nach veganen Bestandteilen Ausschau zu halten.
Der Röstigraben beim Veganismus
Mit diesem Standpunkt ist das Unispital Lausanne in der Westschweiz nicht alleine. Auch sein Pendant in Genf führt kein veganes Menu im Angebot. Eine Sprecherin erklärt, dass dafür von Seiten der Patienten die Nachfrage fehle. Veganerinnen hätten jedoch die Möglichkeit, die tierischen Komponenten im vegetarischen Menu wegzulassen. Auf die Frage, ob damit eine ausgewogene Ernährung möglich sei, antwortet das Genfer Unispital nicht.
Einen anderen Weg als in der Romandie verfolgen die grössten Spitäler in der Deutschschweiz. So haben die Unispitäler von Bern, Basel und Zürich vegane Menus auf ihrer Speisekarte und auch im Kantonsspital Luzern, dem grössten nicht universitären Spital der Schweiz, wird ein solches auf Anfrage angeboten. Man versuche der gewünschten Ernährungsform «wo immer möglich» nachzukommen, sofern es der Gesundheitszustand erlaube, heisst es beispielsweise beim Zürcher Universitätsspital. Dessen Sprecherin betont:
«Unser Ziel ist es, den Gewohnheiten und Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten auf allen Ebenen gerecht zu werden, auch in Sachen Ernährung.»