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«Verzweifelt auf der Suche nach Lehrpersonen»: Zwei Reinacher Schülerinnen stemmen sich gegen das Aus zweier Klassen

Zwei Schülerinnen aus Reinach versuchen, mit selbstgemalten Flyern Lehrpersonen anzuwerben, damit keine Klassen aufgelöst werden. Bei der Auflösung der Integrationsklasse für ukrainische Flüchtlingskinder ist die Ursache jedoch nicht Lehrermangel.

«Eine Klassenlehrperson wird dringendst gesucht!», heisst es auf einem Flyer, den zwei Sechstklässlerinnen aus Reinach geschrieben haben. Den Brief wollen sie nun an der Pädagogischen Fachhochschule verteilen. Die Aktion kommt nur wenige Tage nachdem Kinder und ihre Eltern darüber informiert wurden, dass im kommenden Schuljahr wegen Lehrermangel womöglich eine Klasse aufgelöst wird. Das würde dazu führen, dass die Schülerinnen und Schüler in die Parallelklassen verteilt werden. Da das Schulhaus Teil der Kreisschule Reinach-Leimbach ist, müssten ein paar Schulkinder künftig also nach Leimbach wechseln. Die insgesamt sechs Parallelklassen würden in diesem Szenario je nach aktueller Klassengrösse jeweils zwischen einem und sieben zusätzliche Schulkinder aufnehmen.

Das löste bei einigen Schülerinnen und Schülern Unbehagen aus: «Sie haben dann angefangen, diesen Flyer zu gestalten, damit die andere Klasse beisammenbleiben kann», erzählt Sechstklasslehrer Martin Diriwächter. Ob die Aktion wirklich zu mehr Bewerbungen führt, ist Schulleiter Hanspeter Draeyer zufolge fraglich: «Es ist zwar eine nette Geste, aber wir sind an der Fachhochschule bereits präsent.» Bisher noch ohne Erfolg.

Ist niemand qualifiziert, wird niemand eingestellt

Dabei sei die Vakanz keine Überraschung gewesen, wie Schulleiter Hanspeter Draeyer auf Anfrage erklärt: «Die betroffene Lehrperson wurde neu in die Schulleitung gewählt.» Die Stelle sei also schon seit Monaten ausgeschrieben. Damit ist Reinach aber nicht allein. Laut dem Aargauischen Lehrerverband fehlten per 17. Juni 160 Lehrerinnen und Lehrer. «Wir sind verzweifelt auf der Suche nach Lehrpersonen», sagt Draeyer.

Kann die Stelle bis eine Woche vor Beginn des neuen Schuljahres nicht besetzt werden, sei die «pädagogisch sinnvollste Lösung» die Aufteilung der Klasse auf die übrigen Klassen. Unqualifiziertes Personal anzustellen, käme nicht in Frage: «Wenn wir niemand Qualifiziertes finden, dann stellen wir niemanden ein», so Draeyer.

Kompromisse könnten dem Schulleiter zufolge dafür bei der Arbeitsgestaltung gemacht werden: «Da sind wir flexibel.» Ein Team aus zwei Lehrpersonen in Teilpensen sei beispielsweise auch eine Option. Zudem seien die Übertrittsgespräche, die viele Lehrpersonen abschrecken, von der bestehenden Lehrperson bereits weitestgehend gemacht.

Auch pensionierte Lehrpersonen werden angefragt

Da die Suche nach einer Person für die Stelle sich derart in die Länge zieht, habe man sich so organisiert, dass jeweils zwei Schulleitungsmitglieder auch während der Sommerferien vor Ort sind. «Das Schulsekretariat hat dann jeweils drei Wochen zu. Auf diese Weise können wir trotzdem Bewerbungsgespräche führen», sagt Draeyer.

Die Lage sei so prekär, dass eine Lehrperson, die ihre Klasse wegen Erschöpfung aufgeben wollte, überredet werden konnte, zu bleiben. «Wir konnten aber eine Entlastung organisieren», sagt der Schulleiter. Dabei würde auch ein Netz aus pensionierten Lehrpersonen immer öfters berücksichtigt werden.

Die Tatsache, dass eine andere Klasse auf den Sommer aufgelöst wird, hat indes nichts mit dem Lehrkräftemangel zu tun. Für die fünf Schul- und zwei Kindergartenkinder aus der Ukraine, die die Kreisschule Reinach-Leimbach besuchen, wurde vor rund drei Monaten eine Spezialklasse geschaffen – zur Entlastung der anderen Klassen. Der Fokus des Unterrichts war dort, Deutsch zu lernen. «Die Unterstützung können wir nun einstellen, weil die Kinder so gut Deutsch sprechen, dass sie in die normalen Schulklassen integriert werden können», sagt Draeyer.