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Einheitliche Finanzierung ebnet den Weg für eine bessere Gesundheitsversorgung

Der Widerstand der Gewerkschaften gegen die Gesundheitsreform ist rein ideologisch. Dabei geht vergessen, um was es eigentlich geht: Die Vorlage verdient ein Ja, weil sie die Prämienzahler entlastet, Fehlanreize aufräumt und die Situation in der Pflege sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessert.

Der Prämienaufschlag für 2025 trifft viele Haushalte empfindlich: Eine vierköpfige Familie muss im Schnitt an die Tausend Franken mehr pro Jahr für die Krankenversicherung ausgeben. Die Gesundheitsreform, über die wir am 24. November abstimmen, wird das nicht unmittelbar ändern können. Es wäre verfehlt, grosse Wunder zu versprechen.

Was die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (Efas) bewirkt: Sie ordnet die Geldflüsse neu. Kantone und Krankenkassen sollen sich die Kosten aller Behandlungen nach einem bestimmten Schlüssel teilen. Diese Umstellung vereinfacht die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen, schafft Transparenz und minimiert die Fehlanreize im System.

Alleine dafür verdient die Vorlage die Zustimmung der Bevölkerung. Gleichzeitig räumt sie aber auch mit einer Fehlentwicklung auf. Dass nämlich die Prämienzahlenden die Gesundheitskosten ungleich stärker schultern müssen, während sich gleichzeitig die Kantone aus der Finanzierung verabschieden.

Das starke Prämienwachstum ist vor allem auf den überproportional wachsenden ambulanten Bereich zurückzuführen: Anstatt aufwendig mit Spitalübernachtung können Eingriffe heute schnell und minimalinvasiv gemacht und die Patienten gleichentags aus dem Spital entlassen werden.

Weniger Kosten unter dem Strich

Eigentlich ist das eine erfreuliche Entwicklung: Die Patientinnen sind froh, schnell wieder nach Hause zu können. Gleichzeitig beansprucht ein ambulanter Eingriff weniger Ressourcen: weniger Betten, Heizkosten, Strom, aber vor allem auch weniger Pflege und Betreuung. Das bedeutet letztlich auch weniger Kosten.

Nur für die Prämienzahler geht die Rechnung nicht auf, weil heute sämtliche medizinischen Leistungen ohne Übernachtung (ambulant) alleine von der Krankenkasse finanziert werden. Bei Spitalübernachtungen übernimmt der Kanton mehr als die Hälfte der Rechnung, bei Pflegeleistungen ist es ähnlich viel.

Der Effekt, dass sich die Kantone an diesen Kosten beteiligen: Die Prämienzahlenden werden entlastet. Zum Zeitpunkt der Umsetzung der Reform könnten bei den Prämien bis zu 2 Milliarden Franken auf die Kantone abgeschoben werden.

Das ist die direkte Auswirkung. Indirekt bringt das neue Finanzierungsregime auch einen Effizienzgewinn, wenn günstigere ambulante Leistungen aktiv gefördert werden und unnötige Spitalübernachtungen wegfallen. Überhaupt sollte sich ein medizinischer Eingriff, eine Therapie an den Bedürfnissen des Patienten ausrichten und nicht an der Frage, wer was zahlt.

Die richtigen Anreize schaffen

Gerade im Pflegebereich ist das aber noch zu häufig der Fall. Wer eine aufwendige Pflege benötigt, wird eher dazu gedrängt, in ein Heim zu gehen. Denn die Kosten für die Krankenkassen sind dann tiefer; die restlichen Aufwände bezahlt der Staat. Die Pflegebranche sieht die Reform in der grossen Mehrheit als Chance, weil das ungeliebte System der Restkostenfinanzierung endlich abgelöst würde. Die Pflege erhielte einen eigenen Tarif, über den sie abrechnen kann.

Zwar befürchten die Gewerkschaften, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege sich dadurch verschlechtern, weil die Krankenkassen die Kosten drücken wollen. Doch die zuständigen Verbände haben das in der eigenen Hand: Sie sitzen bei der Ausarbeitung und Verabschiedung der Tarife gleichberechtigt am Verhandlungstisch.

Letztlich ist die Reform in einem grösseren Kontext zu beurteilen: Das Land steht punkto medizinischer und pflegerischer Versorgung vor immensen Herausforderungen. Es fehlen Fachkräfte, die Attraktivität des Berufsbildes nimmt aufgrund der zunehmenden Bürokratie ab, und diese Situation erhöht den Druck aufs Personal, das den Beruf heute eigentlich noch gerne ausübt.

Wenn nun Hausärztinnen und Kinderärzte, Spitäler und Spitex erklären, die einheitliche Finanzierung baue Hürden für eine funktionierende Zusammenarbeit ab, sie helfe sogar, die Patienten besser zu versorgen, wie lässt sich dann ein Absturz der Reform schönreden?

Die Reform ist keine Wunderpille gegen steigende Prämien, sie bringt aber Entlastung. Vor allem aber stellt die Reform die Weichen für eine gute Gesundheitsversorgung für die Zukunft.