Auf der Suche nach Arbeit, Fleisch, Milch und Eiern? Bezirksgericht sieht es anders
Auf der Suche nach Arbeit wollten sie gewesen sein, die beiden Ungarn, die Mitte Januar 2022 in ein Bauernhaus in der Region eingestiegen waren. Das Bezirksgericht in Lenzburg bezeichnete diese Schilderung allerdings als «lebensfremd» und hat den jüngeren der beiden Männer schuldig gesprochen. Anwesend an der Verhandlung war er nicht, stattdessen sein amtlicher Verteidiger sowie eine Zuschauerin und ein Zuschauer.
An einem Samstagabend betraten der heute 26-jährige Tamás (Name geändert) und sein Kollege das Gebäude. Einer begab sich ins Obergeschoss, durchsuchte die Räumlichkeiten nach Wertgegenständen, heisst es in der Anklageschrift. Der andere blieb im Eingangsbereich und stand Schmiere. Dort traf er etwas später auf den Hausbewohner, es kam zu einem kurzen Handgemenge. Wertgegenstände konnten die Männer keine erbeuten.
Beschuldigter versteckte sich in Scheune
In der damaligen Medienmitteilung hielt die Kantonspolizei Aargau fest, dass der Hausbewohner mit Arbeiten im Stall beschäftigt gewesen sei. Beim Einbruch in sein Bauernhaus habe er einen Alarm auf seinem Mobiltelefon erhalten.
Tamás ergriff laut Anklageschrift die Flucht, begab sich zu Fuss zu einer unweit gelegenen Scheune und versteckte sich. Angeklagt war er wegen versuchten Diebstahls sowie Hausfriedensbruch. Sein Kollege war in einem separaten Verfahren bereits verurteilt worden.
Der Verteidiger forderte einen Freispruch nach dem Grundsatz «in dubio pro reo». Für ihn fehlten die klaren Beweise für eine Straftat, er sprach von blossen Verdachtsmomenten, die Staatsanwaltschaft stütze sich auf Vermutungen. Die beiden Männer hätten sich nach einer Beschäftigung erkundigen, hätten landwirtschaftliche Produkte – Fleisch, Milch und Eier – kaufen wollen. Für die ausgestandene Untersuchungshaft sei seinem Klienten eine Genugtuung von insgesamt 41’600 Franken zu bezahlen, so der Verteidiger. Die Dauer von 208 Tagen bezeichnete er als «krass überrissen».
Für sieben Jahre aus der Schweiz verwiesen
Das Gericht dagegen sah den Sachverhalt als erstellt. Dieser sei in der Befragung durch die Polizei auch zugegeben worden. Verurteilt wurde der Beschuldigte – wie von der Staatsanwaltschaft beantragt – zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Übernehmen muss er die Verfahrenskosten sowie die Anklagegebühr. Auch wird er für sieben Jahre aus der Schweiz verwiesen.
Einzig von einer Verbindungsbusse sah das Gericht ab. Einen Denkzettel, begründete Gerichtspräsidentin Eva Lüscher, habe der Beschuldigte bereits in der Form von Untersuchungshaft erhalten.