Abschiede und Neuanfänge: Wie der VR-Präsident der Hypi Lenzburg eine emotionale Achterbahnfahrt erlebte
Die diesjährige Generalversammlung der Hypothekarbank Lenzburg muss für den Verwaltungsratspräsidenten Gerhard Hanhart eine emotionale Achterbahnfahrt gewesen sein. Vor fast 1000 Aktionärinnen und Aktionären, dazu Bankangestellte und Medienvertreter, hatte er Marianne Wildi zu verabschieden, eine der wichtigsten Bankerinnen des Landes, ein Aushängeschild der Hypi.
Wildi war seit 2010 die Vorsitzende der Geschäftsleitung der Hypi. Ohne sie wäre die Bank heute nicht dieselbe, sagte Hanhart in seiner Laudatio: «Wir haben es zu einem ganz wesentlichen Teil der Initiative, deinem Wissen und deiner Erfahrung zu verdanken, dass die Hypi heute eine moderne und kerngesunde Regionalbank ist.» Sie sei eine «visionäre IT-Spezialistin», eine «Bankchefin mit Bodenhaftung» und er habe die vertrauensvolle und kollegiale Zusammenarbeit mit ihr ausserordentlich geschätzt, sagte Hanhart sichtlich gerührt.
Darum bedauere er, dass diese Ära nun zu Ende geht. Gleichzeitig freue er sich aber, dass Wildi sich zur Wahl in den Verwaltungsrat der Bank zur Verfügung stelle. Sie wird dort den Platz von Therese Suter einnehmen, die dem Gremium seit 2007 angehörte und die ebenfalls herzlich verabschiedet wurde.
Als Dank für ihre 13 Jahre Engagement für die Hypothekarbank Lenzburg – und weil Wildi gern musiziert beziehungsweise laut Hanhart «gern den Ton angibt» – schenkte die Bank ihr eine gravierte Posaune.
Damit hat die Hypi nun keine Chefin mehr. Dafür bald einen neuen Chef: Wie bereits anfangs März angekündigt, wird Silvan Hilfiker, zuletzt im CEO-Office der ehemaligen Schweizer Grossbank Credit Suisse tätig, per Juni die Leitung der Bank übernehmen. Der 44-jährige Freiämter hat bisher keine Beziehung zu Lenzburg, gab er in einer kurzen Vorstellung offen zu. Ausser dass er mal bei der Hypi Lehrabschlussprüfungen korrigiert habe und mit 18 auf dem Parkplatz beim Ochsen als Lernfahrer in das parkierte Auto eines Kantonspolizisten gefahren sei.
Wildi hinterlasse grosse Fussstapfen
Er freue sich aber, nach Stationen bei der Aargauischen Kantonalbank, der Neuen Aarauer Bank (heute Credit Suisse, bald UBS) und der CS wieder zu einer Regionalbank zu wechseln: «Die Arbeitskultur einer Regionalbank liegt mir viel näher als die, die in der Grossbank gepflegt wird.» Er trete in grosse Fussstapfen, das sei ihm bewusst; aber mit Marianne Wildi im Verwaltungsrat könne er sicher auf gute Unterstützung zählen. Die nächsten Monate, bis Hilfiker seinen Posten antritt, wird die Bank vom stellvertretenden CEO und CFO, Stefan Meyer, ad interim geführt.
Und auch Wildi erklärte in ihren – letztmaligen – Ausführungen zur Jahresrechnung, das Ende einer Ära sei gekommen. Sie meinte damit nicht nur ihre Karriere im operativen Geschäft der Bank, sondern die Zeit des billigen Geldes, die mit der Zinswende im vergangenen Jahr abgelaufen sei. Das sei positiv für die Bank, so Wildi, was nicht erstaunt, trägt das Geschäft mit den Zinsen doch 75 Prozent des gesamten Geschäftsertrags bei und ist, so Wildi, damit die Hauptertragsquelle der Bank.
Trotzdem sei man diverser geworden, so Wildi. Die Hypi habe sich in den letzten Jahren von der traditionellen Regionalbank hin zur hybriden und offenen Finanzdienstleisterin gewandelt. Das habe zuletzt die Lancierung der Marke HBL Solutions unterstrichen, mit der die Bank weitere Aktivitäten in den Bereichen «Banking as a Service» und «Embedded Finance» anstrebe.
Nach dem Bericht wurde es sportlich: In einem wahren Abstimmungsmarathon wurden alle rund 20 Anträge des Verwaltungsrats genehmigt, von der Statutenrevision über die Entlastung des Verwaltungsrats und dessen Ergänzungswahl bis Wahl der unabhängigen Stimmrechtsvertreterin und der Revisionsstelle. Nach einem digitalen Feuerwerk zu Wildis Ehren ging es zum kulinarischen Teil.