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«Auf der Vorladung stand nichts von Maskenpflicht»: Ohne Maske vor Gericht wegen Einkaufen ohne Maske

In Lenzburg wehrte sich eine 65-jährige Frau gegen 100 Franken Busse. Die Verhandlung musste eigens nach draussen verlegt werden, da sie auch vor Gericht ohne Maske erschien.

Es war wohl eine der absurderen Gerichtsverhandlungen, die das Lenzburger Bezirksgericht kürzlich durchführen musste. Denn die für den Fall zuständige Gerichtspräsidentin Eva Lüscher musste sie bereits nach wenigen Minuten kurzerhand nach draussen verlegen, in den Vorhof des Gerichtsgebäudes am Metzgplatz. Dies, da die Verhandlung ansonsten wohl gar nicht hätte stattfinden können: Die Beschuldigte Sandra (Name geändert) trug nämlich zu Beginn, noch im Gerichtssaal, keine Gesichtsmaske.

«Auf der Vorladung stand nichts von Maskenpflicht», sagte die 65-Jährige, die ohne Anwältin oder Anwalt vor Gericht erschienen war. Die Gerichtspräsidentin widersprach und verschob das Ganze an die frische Luft, wo keine Maskenpflicht gilt.

Dass Sandra im Gerichtssaal keine Maske trug, überrascht nicht: Denn genau deswegen stand sie überhaupt vor Gericht. Letzten Mai war sie ohne Maske im Staufner Lenzopark und hatte wegen vorsätzlichen Nichttragens der Maske eine Busse von 100 Franken erhalten. Der genaue Tatbestand lautet gemäss Anklageschrift: «Unbefugtes Nichttragen einer Gesichtsmaske in öffentlich zugänglichen Innenräumen von Einrichtungen und Betrieben, einschliesslich Märkten» (Covid-19-Verordnung besondere Lage).

Gründe wollte sie keine nennen

Diese 100-fränkige Busse bezahlte Sandra nicht und focht sie stattdessen an. Gemäss Anklageschrift war dann am Gerichtstermin von der Staatsanwältin zusätzlich zur ursprünglichen Busse die Zahlung der Kosten – 200 Franken Strafbefehlsgebühr – beantragt, total also 300 Franken.

«Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Gesichtsmasken tragen können» seien von der Maskenpflicht ausgeschlossen, zitierte Sandra die Covid-19-Verordnung vor Gericht. Eine Maskendispens aus medizinischen Gründen oder ein sonstiges ärztliches Attest dafür hat sie aber nicht. «Bei mir sind es mehrere besondere Gründe, die aber nicht medizinisch sind», antwortete sie auf Eva Lüschers Nachfrage. Und auf die nächste: «Aus Persönlichkeitsschutzgründen bin ich nicht verpflichtet, diese Gründe zu erläutern.»

«Wo steht Maskenpflicht im Gesetz?»

Eva Lüschers Frage, ob sie einen Freispruch beantrage, bejahte Sandra. «Dann würde es helfen, wenn Sie Ihre genauen Gründe nennen würden», so die Gerichtspräsidentin. Sandra berief sich jedoch auf ihr Aussageverweigerungsrecht, «auf das Sie mich zu Beginn der Verhandlung ja gerade nochmals hingewiesen hatten».

Wie sie denn Sandras Berechtigung zum Aussetzen der Maskenpflicht überhaupt prüfen solle, fragte Lüscher – sie dürfe die Aussage verweigern, entgegnete Sandra erneut. Stattdessen fragte sie zurück: «Gemäss Strafgesetzbuch darf eine Strafe oder Massnahme nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. Können Sie mir sagen, wo die Maskenpflicht im Gesetz steht?», worauf Eva Lüscher erwiderte, Sandra habe den entsprechenden Artikel zuvor selbst zitiert. Zum Strafantrag wollte Sandra dann nichts mehr sagen, ebenso wenig nutzte sie ihr Recht auf das letzte Wort.

Ob Sandra freigesprochen oder verurteilt wurde, steht derweil noch nicht fest – das Urteil wird ihr in den nächsten Tagen schriftlich zugestellt.