Tödlicher Unfall: Spekulationen um den Tesla-Autopiloten
Beim Lenzburger Autobahnzubringer – unmittelbar vor dem Neuhoftunnel – hat sich am Sonntagnachmittag ein Unfall mit Todesfolge ereignet.
Der deutsche Lenker eines in seinem Heimatland immatrikulierten Tesla fuhr von Lenzburg in Fahrtrichtung Muri. Auf der neuen Umfahrung vollzog er aus bisher ungeklärten Gründen eine 180-Grad-Wende. Dabei überfuhr er eine Sicherheitslinie und wurde von einem aus den Neuhof-Tunnel anfahrenden VW-Polo seitlich-frontal getroffen.
Die Kantonspolizei konnte einen Sprecher zufolge die Motive des deutschen Fahrers nicht nachvollziehen und bot ein Team der Spurensicherung zur Sicherstellung der Unfallstelle auf, weswegen der Verkehr für rund vier Stunden umgeleitet werden musste.
Der Kantonspolizei zufolge waren beim Unfall fünf Autoinsassinnen und -insassen involviert, alle wurden in die umliegenden Spitäler gebracht. Am Montagmorgen erlag eine Insassin des VW Polo im Spital ihren schweren Verletzungen.
Autopilot sorgte öfters für Schlagzeilen
Laut Informationen von TeleM1 untersucht die Aargauer Staatsanwaltschaft derzeit, ob ein technischer Defekt am Tesla ausgeschlossen werden kann. Wie bei jedem Unfall, in den ein Tesla-Fahrzeug involviert ist, wird auch im Netz bereits wieder spekuliert, ob der Unfall mit der Autopilot-Funktion des Fahrzeugs zusammenhängen könnte.
In den USA hat der Fahrzeughersteller mit seinem Autopiloten bereits des Öfteren für Schlagzeilen gesorgt – gerade im Januar erhob die kalifornische Staatsanwaltschaft laut Informationen der Nachrichtenagentur «AP» Anklage gegen einen Tesla-Fahrer, der 2019 mit eingeschaltetem Autopilot ein Rotlicht überfahren hatte und in ein anderes Fahrzeug gefahren war, wobei zwei Menschen ums Leben kamen. Die Hinterbliebenen ihrerseits klagen gegen den Fahrer und auch gegen Tesla, der Prozess findet wohl Mitte 2023 statt.
Die zivile US-Bundesbehörde für Strassen- und Fahrzeugsicherheit (NHTSA) hat seit 2016 26 Unfälle im Zusammenhang mit dem Autopilot-System untersucht, bei denen mindestens 11 Menschen ums Leben kamen. Weiter untersucht die Behörde derzeit ein Dutzend Unfälle, bei denen ein Tesla mit eingeschaltetem Autopilot in mehrere geparkte Rettungsfahrzeuge gerast ist.
Teilautomatisiertes Fahren ist nicht autonom
Der Fahrzeughersteller möchte keine Stellungnahme abgeben, unter anderem mangels Aktenkenntnisse zum Unfall in Lenzburg. Fest steht, dass das Fahrerassistenzsystem von Tesla auf der zweiten von fünf vom Allgemeinen Deutsche Automobil-Club (ADAC) definierten Stufen auf dem Weg zum autonomen Fahrzeug operiert.
Soll heissen: Das Fahren läuft teilautomatisiert. Dabei kann das Fahrzeug laut ADAC manche Aufgaben zeitweilig selber ausführen:
«Zum Beispiel ist ein Level-2-Wagen dazu in der Lage, auf der Autobahn gleichzeitig die Spur zu halten, zu bremsen und zu beschleunigen.»
Die lenkende Person müsse aber trotzdem den Verkehr ständig im Blick behalten, die Assistenzsysteme überwachen und Fehlfunktionen korrigieren. Darauf weist auch der Fahrzeughersteller Tesla auf seiner Supportseite hin: Die Assistenzsysteme «erfordern eine aktive Überwachung durch den Fahrer und machen das Fahrzeug nicht autonom.» Der Fahrer kann das System jederzeit überstimmen. Eine 180-Grad-Wende ist dem System nicht möglich.