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Wer fackelte das Ferienchalet von Axel Springer ab: War es wirklich ein Schweizer Schriftsteller?

Die zum Springer-Konzern gehörende deutsche Zeitung «Die Welt» versucht, Daniel de Roulets Buch zum Anschlag zu widerlegen und bezichtigt ihn der Lüge.

Hat der 80-jährige Westschweizer Schriftsteller Daniel de Roulet uns an der Nase herumgeführt? 2006 veröffentlichte er das Buch «Ein Sonntag in den Bergen» und gab es vor wenigen Wochen in leicht erweiterter Form neu heraus.

Darin schildert er detailliert, wie er vor rund 50 Jahren das Chalet des deutschen Medien-Tycoons Axel Springer in der Nähe von Gstaad abgefackelt hat. Er sah sich als «Sonntagsterrorist» und wollte ähnlich wie die RAF-Terroristen gegen das in die Nachkriegszeit hineinreichende Nazi-System vorgehen.

Die «Welt» behauptet, der Autor besitze kein präzises «Täterwissen»

Nun versucht die deutsche Zeitung «Die Welt», die zum Springer-Konzern gehört, zu belegen, dass Daniel de Roulet das Chalet gar nicht angezündet habe. Alles in seinem Buch sei nur «frei fabuliert». Er besitze keinerlei präzises «Täterwissen».

Die Zeitung erwähnt die Kopie eines Polizeiberichts, die 2021 ins Unternehmensarchiv des Springer-Konzerns gelangt sei. Darin heisst es, zwei Ermittler aus Zürich hätten die Ruine genauer untersucht. Allerdings geschah das erst im Juni 1975, also ein halbes Jahr nach der Tat. Auf diese reichlich späte polizeiliche Nachuntersuchung stützt sich die «Welt».

Will de Roulet seine Kontakte ins RAF-Milieu vertuschen?

Darin heisst es, die Ermittler seien in der Küche auf Propangasflaschen gestossen und auf einen Wecker aus der DDR, der als Zeitzünder diente. Die Zünderkonstruktion, so die «Welt», erinnere stark an die von der Terrororganisation RAF verwendeten Bomben.

Der Schriftsteller als Brandstifter: Daniel de Roulet.
Bild: Ayse Yavas/Limmat Verlag

Daniel de Roulet schreibt dagegen, er habe die Gasflaschen vor der Brandstiftung aus dem Haus geschleppt, damit sie nicht verspätet explodieren und die Feuerwehrleute gefährden könnten. Zudem gab er an, den Brand mit Kerze und Brennpaste gelegt zu haben. Kein Wort von einem DDR-Wecker, der damals aber im Schweizer Warenhaus EPA zu erwerben war.

«Die Welt» kombiniert nun: Entweder lüge de Roulet, «weil er Kontakte ins RAF-Milieu vertuschen will», oder er «schmückt» sich «mit einem komplett falschen Geständnis». Die Zeitung wirft ihm weiter vor, auch die Angaben über seine Bekennerschreiben seien falsch.

Daniel de Roulets Kommentar zur Recherche: «Unsinn».

Daniel de Roulet sagt im Buch, er habe die Briefe schon am 5. Januar express an Redaktionen geschickt. Dann hätten die Briefe spätestens am 7. Januar bei den Zeitungen eingetroffen sein müssen. Tatsächlich gebe es aber erst am 8. Januar erste «vage» Hinweise auf anonyme Briefe, so die «Welt».

Da hat die Zeitung ihrerseits schlecht recherchiert: Schon am 7. Januar erscheinen über die Agenturen erste Meldungen, die nicht vage, sondern präzis die Bekennerbriefe und auch sonst de Roulets Ausführungen bestätigen. Daniel de Roulet seinerseits hält die Recherchen der «Welt» für «Unsinn».