Der Riesen-Streik in Deutschland: Was Sie dazu wissen sollten in 7 Punkten
Seit Mitternacht stehen in Deutschland Bahnen und Busse still, Flugzeuge sind am Boden geblieben. Mit einem bundesweiten Warnstreik machen die Gewerkschaften EVG und Verdi Druck in ihren Tarifverhandlungen. Vom 24-stündigen Ausstand sind Millionen von Menschen betroffen. Eine Übersicht.
Worum geht es?
Der Verkehr mit Zügen, Bussen und Flugzeugen in Deutschland ist am Montagmorgen weitgehend zum Erliegen gekommen. Seit Mitternacht läuft ein grosser Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Gewerkschaft Verdi. Von dem 24-stündigen Arbeitskampf sind Millionen Berufspendler und Reisende sowie weite Teile des Güterverkehrs betroffen. In Folge der Arbeitsniederlegungen werden erhebliche Ausfälle und Staus im Verkehr erwartet.
Auf der Schiene ist der Fernverkehr komplett und der Regionalverkehr grösstenteils eingestellt. Bestreikt werden nahezu sämtliche deutsche Flughäfen. Wasserstrassen und Häfen sowie die Autobahngesellschaft sind ebenfalls betroffen. In sieben Bundesländern wird zudem der öffentliche Nahverkehr bestreikt.
Was soll der Streik bezwecken?
Mit den ganztägigen Warnstreiks wollen Verdi und EVG den Druck in ihren Tarifverhandlungen erhöhen. Parallel zum Ausstand kommen an diesem Montag Gewerkschaften und Arbeitgeber im öffentlichen Dienst wieder zu Gesprächen zusammen. Bei der EVG stehen weitere Verhandlungen mit der Deutschen Bahn und anderen Bahnunternehmen erst später an.
Verdi-Chef Frank Werneke betonte: «Mit dem Streiktag im Verkehrsbereich soll den Arbeitgebern noch einmal unmissverständlich klargemacht werden, dass die Beschäftigten eindeutig hinter unseren Forderungen stehen.»
Zu Vorwürfen der Arbeitgeberseite, die Warnstreiks belasteten die Verhandlungen, sagte Werneke: «Als Belastung empfinden die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bis hin in die mittleren Einkommensgruppen vor allem die enormen Preissteigerungen für Strom, Gas und Lebensmittel.»
Gibt es Auswirkungen auf die Schweiz?
Schweizer Flughäfen und die SBB raten davon ab, am Montag nach Deutschland zu reisen. Wie eine Mediensprecherin des Flughafens Zürich-Kloten am Sonntag auf Anfrage sagte, sind die meisten Flüge in Richtung Deutschland verschoben und die Passagiere auf andere Flüge verteilt worden.
Die Fluggesellschaft Swiss hatte schon am Freitag bekannt gegeben, sie streiche wegen des Streiks des Verkehrspersonals in Deutschland am Sonntag sämtliche Flüge zwischen der Schweiz und München. Am Montag würden alle Verbindungen nach München und Frankfurt annulliert. Die Flüge nach Berlin seien dagegen vom Ausstand nicht betroffen und fänden wie geplant statt.
Die SBB ersetzen wegen des Bahnstreiks in Deutschland zahlreiche grenzüberschreitende Züge – allerdings nur in der Schweiz selbst. Von Reisen ins nördliche Nachbarland am Montag raten sie ab. Zu einzelnen Ausfällen werde es bereits am Sonntag und auch noch am Dienstag kommen, sagte eine Sprecherin bereits am vergangenen Donnerstag.
So ist die Lage beim Bahnverkehr
Die EVG bestreikt den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr. Der Fernverkehr wird eingestellt, der Regionalverkehr grösstenteils zumindest zu Streikbeginn. Ob am Nachmittag im Regionalverkehr einzelne Linien aufgenommen werden, hängt laut Deutscher Bahn vom Streikverlauf ab. Auswirkungen dürften auch am Dienstag zu spüren sein. Fahrgäste, die für Montag oder Dienstag eine Reise gebucht haben, können das Ticket laut Bahn bis 4. April flexibel nutzen. Platzreservierungen könnten kostenlos storniert werden.
… bei den Flughäfen
Die Flughäfen werden von Verdi weitgehend bestreikt. 380’000 Geschäfts- und Privatreisende müssen laut Flughafenverband ADV am Boden bleiben. Betroffen ist auch der grösste Airport in Frankfurt, aber auch der Flughafen München, der bereits am Sonntag den Betrieb eingestellt hat. Der Hauptstadtflughafen BER war nicht direkt von dem Warnstreik betroffen. Da aber fast alle anderen deutschen Flughäfen bestreikt werden, waren dort alle innerdeutschen Flüge gestrichen.
… beim Nahverkehr
Erneut soll der Nahverkehr in den Bundesländern bestreikt werden, die direkt an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst angebunden sind. Das sind Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Gestreikt werden soll zudem in Bayern, wo ein Tarifvertrag Nahverkehr verhandelt wird. Aus mehreren Ländern hiess es, Schülerinnen und Schüler dürften zuhause bleiben, wenn sie nicht zur Schule kommen können.
Der Stand der Verhandlungen
Verdi und der Beamtenbund dbb verhandeln in Potsdam mit dem Bund und den Kommunen in der dritten Runde für 2,5 Millionen Beschäftigte. Beide Seiten sind noch weit voneinander entfernt, eine Einigung in den nächsten Tagen ist aber nicht ausgeschlossen.
Der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, warnte vor einer Ausweitung der Arbeitskämpfe. «Entweder wir hauen den Knoten durch und finden eine Einigung, oder wir stehen vor einer weiteren Eskalations- und Streikwelle», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Hintergrund der Arbeitskämpfe sind verschiedene Tarifkonflikte. Bei der EVG stehen weitere Gespräche mit verschiedenen Bahnunternehmen ab Mitte der Woche an. Mit der Deutschen Bahn soll erst nach Ostern weiterverhandelt werden.
An Flughäfen sind Kommunalbeschäftigte des öffentlichen Dienstes einbezogen, es geht aber auch um örtliche Verhandlungen für Bodenverkehrsdienste sowie bundesweiten Gespräche für die Luftsicherheit. Bei Arbeitgebern stiess das koordinierte Vorgehen auf heftige Kritik – als reiner Warnstreik seien die Ausstände für die Bevölkerung so nicht mehr zu erkennen.