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Ein Amateursender mit Kultstatus: ALF-TV wird 25 Jahre alt und sendet auch ohne Konzession munter weiter

Das «Arolfinger Lokalfernsehen» für den Raum Aarau, Olten und Zofingen ging im April 1997 erstmals auf Sendung. Dahinter stecken heute fast nur Senioren, die auf Freiwilligenbasis den Pioniergeist und die Leidenschaft fürs Fernsehmachen ausleben.

Sie wundern sich selbst, wie sie es geschafft haben, schon seit einem Vierteljahrhundert zu existieren: Das Arolfinger Lokalfernsehen, kurz ALF-TV, ist 25 Jahre alt. Im März 1997 wurde das Unternehmen im Handelsregister eingetragen, die erste Sendung lief im April, erklärt Mitgründer und Chef Werner Baumann. Damals wie heute gründete alles auf Freiwilligenarbeit. Heute sind es etwa ein Dutzend Personen, die ihre Fernsehbegeisterung dort ausleben.

Über all die Jahre blieb ALF-TV ein kleiner Mitspieler in der Medienlandschaft der Region – hier «Arolfingen» genannt, eine Wortkreation aus den 70er-Jahren, als man die Vision eines grossstädtischen Raums zwischen Aarau, Olten und Zofingen hatte. Das Studio ist heute im Bally-Areal in Schönenwerd, zuvor sendete ALF-TV lange aus der Aarauer Telli.

Keine Konzession, dafür Freiheit im Programm

Lokale Kabelnetzbetreiber halten den Sender im Programm, landesweit ist er auch auf Swisscom-TV zu sehen. Konzessionsgebühren erhält ALF-TV seit über zehn Jahren nicht. Irgendwie konnte er sich dennoch finanziell übers Wasser halten.

Es gibt auch Vorteile: Ohne Konzession darf man ausstrahlen, was man will. Berichte über Unfälle oder Katastrophen gibt es bei ALF-TV nicht. Die Sendungsmachenden konzentrieren sich bewusst auf die schönen Seiten des Lebens: «Kultur, Menschen und Leistungen aus dem Sendegebiet» stünden im Vordergrund.

Dazu könne man in die Tiefe gehen, wie Werner Baumann sagt. «Wir stellten die richtigen Fragen», hätten Zuschauende den Sender gelobt, als während der Pandemie längere Beiträge mit einem Infektiologen gezeigt wurden. Letzte Woche war ein inhaltreiches Gespräch über den Krieg in der Ukraine zu sehen. ALF-TV setzt auch auf lockere Interviewsendungen. «Der frühere FDP-Präsident Fulvio Pelli sagte mir, er habe noch nie so ein angenehmes Interview gehabt wie bei uns», erzählt Werner Baumann.

Werner Baumann hier im Interview mit Nadine Vögeli, der aktuellen Solothurner Kantonsratspräsidentin aus der Region Olten-Gösgen.

Urchige Jingles, witzige Beiträge

All dies muss man ALF-TV zugutehalten. Doch es ist auch klar: Er ist kein Profi-Fernsehsender. Manchmal ist der Ton nicht einwandfrei, gewisse Interviewfragen nicht immer sattelfest. Dazu sind die Sendejingles mit alten Bildcollagen oder Effekten ultraurchig. Zum Beispiel das alte Intro zu «Talk im Schlosshof», der Fernsehsendung des Aarauer Urgesteins Ruedi Vorburger, samt «gfürchiger» Orgelmusik im Hintergrund – hier etwa 2001 vor einem Interview mit Doris Leuthard, damals noch Nationalrätin.

Eine weitere Perle, hier eher aus den Anfängen von ALF-TV, ist sein witziger Beitrag über die Aarauer Erotikmesse 1998 in der Keba.

«Die Jungen unterschätzen den Aufwand»

Die Sendungen vom ALF-TV haben in der Region fast schon Kultstatus. Und wie bei Baumann oder Vorburger stecken fast nur Senioren dahinter. Dies war nicht immer so: Auch jüngere Personen machten Sendungen, doch nur wenige blieben. «Das Problem bei vielen Jungen ist, dass sie den Aufwand unterschätzen», sagt Werner Baumann. ALF-TV erlebe Ähnliches wie die vielen Vereine, die keine neuen Mitglieder finden.

Denjenigen aber, die wirklich begeistert vom Fernsehmachen sind, bietet der Sender einen unkomplizierten Einstieg. Werner Baumann drücke jedem eine teure Kamera in die Hand und traue allen alles zu, sagt Sendungsmacherin Barbara Sutter. Tatsächlich hat ALF-TV so schon einige Talente hervorgebracht, die später bei Tele M1 oder SRF Karriere gemacht haben

Ein Amateursender, der normale Menschen zeigt

Zugegeben: Bei gewissen Beiträgen muss man schmunzeln, eine Qualitätskontrolle gibt es laut Werner Baumann bei langjährigen Sendungsmachenden nicht. Dass er allen alles zutraue, sei vielleicht seine Stärke, aber auch seine Schwäche.

Ohne sich hier nur über einen Amateursender lustig machen zu wollen, muss man aber auch sagen, dass ALF-TV in der Region tatsächlich eine Lücke füllt. Der Sender versucht gar nicht erst, besonders «cool» oder urban zu wirken. Stattdessen geht er in die Dörfer und zeigt normale Menschen so, wie sie sind.

Ein schönes Beispiel sind die vielen Beiträge über die lokalen Theatergesellschaften, etwa in Gränichen, Oberentfelden oder dem Freilichttheater Erlinsbach. Wo sonst könnten Laienschauspieler ihre Auftritte aufzeichnen und sogar im Fernsehen ausstrahlen lassen?

Das Aufzeichnen von Konzerten, Kabarett- und Theaterauftritten der Region wurde quasi zur Spezialität des Senders, das Zusammenkommen Jahr für Jahr für die Aufnahmen am Schupfart-Festival jeweils der Höhepunkt, bei dem alle Sendungsmachende einander treffen.

Es ist das pure Fernseh-Herzblut und dieses Selbstgemachte, das ALF-TV schlussendlich auszeichnet. Das Studio, das Schnittmischpult, alles haben sie selbst zusammengebaut und schrittweise modernisiert. Beim Sender in Schönenwerd kann man auch noch die alten, analogen Geräte bestaunen, die jedes Nostalgikerherz höher schlagen lassen.

Ruedi Widmer beim Live-Schneiden des Interviews, das im Raum nebenan gerade aufgezeichnet wird.