«Forward»-Festival widmet Konzert den letzten Minuten im Leben von George Floyd
Die dritte Ausgabe des «Forward»-Festivals für zeitgenössische Musik verbindet vom 17. bis 19. November mit vier Konzerten und einem Familienkonzert Kunst, Musik und Film zu neuen Konzertformaten für alle Sinne. Alles kommt zusammen bereits im Eröffnungskonzert: Da startet «Forward» bild- und klanggewaltig im Filmtheater im Verkehrshaus mit Fausto Romitellis Oper «An Index of Metals», einem Spektakel aus Sound, Videoprojektion und Licht sowie Neuer Musik, Rock und Techno.
Musikalisierte Bilder von Gerhard Richter
Einen ersten politischen Akzent setzt das Festival mit Werken des afroamerikanischen Minimal-Music-Komponisten und Sängers Julius Eastman.
Er trat in den 70er-Jahren mit Pierre Boulez und dem New York Philharmonic auf und thematisierte mit seinem Werk Rassismus und Homophobie. Die schwedisch-äthiopische Sopranistin und Stimmkünstlerin Sofia Jernberg singt solo ein Werk von Eastman. Ihm gewidmet ist die Late Night am Samstag: Das Publikum nimmt bei «Femenine» mit den Musikern auf der Bühne Platz und lässt sich vom repetitiven Klangstrom in eine Art rituelle Trance versetzen.
Zwei Filme, die der Bildende Künstler Gerhard Richter gemeinsam mit der Regisseurin Corinna Belz produziert hat, werden im Konzertsaal des KKL Luzern mit den Kompositionen «Richters Patterns» von Marcus Schmickler und «Moving Picture 946-3» von Rebecca Saunders gezeigt. Die Kompositionen entstanden parallel zu den Filmen und bilden eine eigene abstrakte Ebene. Für «Richters Patterns» machte Gerhard Richter Fotos von Bildausschnitten einer neuen Werkserie und überliess sie Corinna Belz zur weiteren Bearbeitung. Diese produzierte daraus einen Film, der nicht mit Kameras gedreht wurde, sondern aus in Rechenoperationen generierten Einzelbildern entstand. Die Kompositionen dazu sind nicht begleitende Filmmusik, sondern machen den Bildrhythmus erfahrbar
Die letzten Minuten im Leben von George Floyd
Das Finale von «Forward» am Sonntagabend präsentiert zunächst zwei Werke des schweizerisch-nigerianischen Komponisten Charles Uzor. Das Werk «8’46’’» markiert die Zeitspanne, in der der Afroamerikaner George Floyd in Polizeigewahrsam zu Tode kam, nur mit Atemgeräuschen und dem Ensemble aller 17 Künstler des Konzerts auf der Bühne des KKL-Konzertsaals. Sofia Jernberg gestaltet solo eine Überleitung zur Uraufführung von Katharsis Kalküls Ensemble-Werk «George Floyd in memoriam».
Das zweite Auftragswerk des Abends kombiniert ebenfalls Film und Musik: Die australische Komponistin Liza Lim komponierte «Multispecies Knots of Ethical Time» für 15 Musiker und eine gestische Performerin. Es thematisiert nicht nur den persönlichen Tod, sondern auch das Ende von Lebensräumen. Ein Fluss steht dabei bildlich und klanglich für das Fliessen der Zeit, zwischen Vergänglichkeit und Kontinuität. Der Film wird im Sommer 2023 von der Schweizer Video-Künstlerin Morena Barra im Eigenthal bei Luzern produziert. Solistin ist die Performerin Winnie Huang.
15 Minuten vor allen vier Konzerten wird im Foyer Filmtheater im Verkehrshausbeziehungsweise im Foyer des KKL Luzern eine «Vocal Sculpture» präsentiert, kreiert von der isländischen Komponistin Ragnheiður Erla Björnsdóttir für und mit Schülerinnen und Schülern der Luzerner Kantonsschulen. Ein Familienkonzert ergänzt am Sonntagnachmittag das Angebot für die Publikumsgeneration von morgen. Die musikalische Performance von Estelle Costanzo und Pascale Güdel ist eine Kooperation mit Kultissimo und heisst «Harpapier». Und die Filmdokumentation über Gerhard Richter, Gerhard Richter Painting von Corinna Belz, wird am 19. November um 16.00 Uhr im Luzerner Stattkino gezeigt.