Drei Tage nach dem Untergang der «Bayesian»: Fünfte Leiche geborgen – es ist der britische Milliardär
Nach drei Tagen Suche besteht nun Gewissheit: Beim Untergang einer Luxusjacht vor der italienischen Mittelmeerinsel Sizilien ist auch der britische Milliardär Mike Lynch ums Leben gekommen. Der Leichnam des 59-jährigen Unternehmers wurde von Spezialtauchern aus dem gesunkenen Segelboot an die Oberfläche gebracht. Gesucht wird nach Angaben der Rettungskräfte jetzt nur noch nach seiner 18 Jahre alten Tochter.
Als erstes von vermutlich sieben Todesopfern war bereits am Montag der Schiffskoch im Wasser entdeckt worden.15 Menschen haben das Unglück, das sich nur eine halbe Seemeile – etwa 900 Meter – entfernt vom Ufer ereignet hatte, überlebt.
Die Leichen von vier der zunächst sechs Vermissten wurden in den Tagen darauf geborgen. Die Leiche von Lynch, die nun auch geborgen wurde, konnte im Inneren des Segelboots, das in etwa 50 Metern Tiefe auf dem Grund des Mittelmeers liegt, von Spezialtauchern lokalisiert werden. Von seiner Tochter gibt es bislang keine Spur. Die Suche wird fortgesetzt. Es gibt praktisch keine Hoffnung mehr, dass sie das Unglück überlebt hat.
Bei den geborgenen Todesopfern handelt es sich um zwei Ehepaare aus den USA und Grossbritannien, die auf Einladung des Milliardärs an Bord waren. Lynchs Ehefrau gehört zu den insgesamt 15 Überlebenden des Unglücks, das sich am Montagmorgen in Sichtweite des Ufers ereignet hatte. Offensichtlich wurden Crew und Gäste von einem Unwetter überrascht.
Hoffnungen auf Überlebende zerschlagen
Die Leichen von Vater und Tochter Lynch befanden sich vermutlich in ihren Kabinen im Unterdeck, die nur schwer zu erreichen sind. Bei Anbruch der Dunkelheit musste die Suche am Mittwoch unterbrochen werden. Am Mittwochnachmittag hatten der italienische Fernsehsender Rai und mehrere britische Medien zunächst berichtet, dass der Leichnam des Tech-Unternehmers gefunden worden sei. Das wurde zu dem Zeitpunkt aber noch nicht bestätigt.
Der genaue Hergang ist noch nicht geklärt. Der verletzte Kapitän wurde von der italienischen Polizei stundenlang verhört. Die Zeitung «La Repubblica» zitierte ihn mit den Worten: «Wir haben es nicht kommen sehen.» Allerdings gibt es auch Zweifel an dieser Darstellung. Die 56 Meter lange «Bayesian», eines der grössten Segelboote weltweit mit einem 75 Meter hohen Aluminiummast, war im Besitz der Familie Lynch.
Spekulationen über Unglücksursache
Das gesunkene Schiff ist nach Angaben der Feuerwehr auf dem Meeresgrund zur Seite gekippt, was die Suche erheblich erschwert. Dabei kam auch ein Tauchroboter zum Einsatz.
Die «Bayesian» war bei einem schweren Unwetter vor dem Hafen von Porticello unweit der Inselhauptstadt Palermo gesunken – angeblich innerhalb von 60 Sekunden. Experten rätseln immer noch, wie das geschehen konnte. Spekuliert wurde über eine offen gelassene Luke während einer Monsterwelle oder ein falsch eingestelltes Schwert am Rumpf, mit dem der Tiefgang des Schiffes reguliert werden kann.
Das Schiff war mit einem System ausgestattet, das den Tiefgang mehr als halbieren konnte: Unter normalen Segelbedingungen hatte es eine Kieltiefe von annähernd zehn Metern, wenn das bewegliche Schwert vollständig ausgefahren war. Damit konnten die Gegenkräfte des riesigen Mastes ausgeglichen werden. Der Tiefgang konnte jedoch auf etwa vier Meter reduziert werden – beispielsweise, um in einen Hafen zu kommen. Möglicherweise wurde das nun zum Verhängnis.
«Britischer Bill Gates» wollte Freispruch feiern
Lynch wird von Boulevardmedien in seiner Heimat gern als «britischer Bill Gates» bezeichnet. Der Tech-Unternehmer hatte die Softwarefirma Autonomy 2011 für elf Milliarden US-Dollar (aktuell fast zehn Milliarden Euro) an den US-Konzern Hewlett-Packard verkauft – eines der schlimmsten Übernahme-Debakel im Silicon Valley.
Lynch und dem früheren Finanzmanager Steve Chamberlain, der kürzlich beim Joggen tödlich von einem Auto erfasst wurde, wurde zur Last gelegt, Hewlett-Packard über den finanziellen Zustand des Unternehmens getäuscht zu haben. Ein Geschworenengericht in San Francisco sprach die beiden jedoch frei.(dpa/pin)