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Vor rund einem Jahr wurde im Aargau das Kaminfegermonopol abgeschafft: Wie zufrieden sind die Kaminfegermeister? 

Ueli Lütolf, Präsident des Aargauischen Kaminfegermeisterverbands, sagt, das Jahr 2022 habe seinem Berufsstand gefüllte Auftragsbücher beschert. Und doch ist in Zukunft Anpassungsbereitschaft gefragt.

Fragt man Ueli Lütolf, Präsident des Aargauischen Kaminfegermeisterverbands, weshalb er Kaminfegermeister geworden ist, dünkt es ihn rückblickend, das habe sich früh abgezeichnet: «Ich trug die Uniform schon als Dreijähriger – obwohl nicht Fasnacht war!»

Lütolf ist noch immer Kaminfegermeister. Bald sind es vier Jahrzehnte, in denen die Beziehung zu seinen Kunden teils eng verwachsen ist. «Nach so langer Zeit im Geschäft geniesst man ein gewisses Vertrauen», sagt er. Für manche Liegenschaften besitzt er längst einen Schlüssel. Ueli Lütolf trägt gerne Verantwortung für sein Handwerk.

Und doch ist diese Verantwortung per 1. Januar 2022 ein Stück kleiner geworden. Damals trat im Kanton Aargau das revidierte Brandschutzgesetz in Kraft. Anderthalb Jahre zuvor hatte es der Aargauer Grosse Rat mit deutlicher Mehrheit gutgeheissen. Damit ist das Kaminfegermonopol in die freie Marktwirtschaft überführt worden.

Keine zugesicherte Arbeit, aber auch keine fixen Tarife mehr

In der Vergangenheit hatte jede Gemeinde ihren Kaminfegermeister angestellt, der in der Verantwortung stand, jede Feuerungsanlage – etwa Holz-, Öl- und Gasfeuerungsanlagen – auf dem Gemeindegebiet regelmässig zu kontrollieren und instand zu halten. Mit der Gesetzesänderungen wurde diese Pflicht an die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer übertragen.

Ueli Lütolf, Präsident des Aargauischen Kaminfegermeisterverbands.
Chris Iseli

Lütolf und seine Verbandskollegen hatten die Gesetzesrevision damals unterstützt. Zwar fielen damit auch die staatlich garantierten Aufträge weg, dies sah man innerhalb der Branche allerdings nicht als Hindernis: Im Gegenzug war man nämlich nicht mehr an gesetzlich verankerte Tarife gebunden, sondern konnte die Preise selbst festlegen.

Ausserdem war der Kundenstamm nun nicht mehr auf die zugeteilte Gemeinde beschränkt. Zudem blieb die Pflicht, die Feuerungsanlagen zu kontrollieren und zu reinigen, ja weiterhin bestehen. Den Kaminfegermeistern und ihren Angestellten waren also weiterhin Aufträge garantiert.

Preise sind um 10 bis 15 Prozent angestiegen

Ein Jahr ist seit der Gesetzesänderung vergangen. Und es habe sich gar nicht so viel verändert, findet Ueli Lütolf. Die neuen Vorschriften hätten sich in der Praxis gut eingependelt. «Obwohl die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer ihren Kaminfeger neu selbst aussuchen können, ist es in den Kundenstämmen höchstens zu kleineren Verschiebungen gekommen», sagt er. Die Preise hingegen sind seit der Öffnung gestiegen: Durchschnittlich dürften es zwischen 10 bis 15 Prozent sein, wie Lütolf schätzt. Er hält diese Erhöhung für gerechtfertigt, zumal ein nicht-garantierter Kundenstamm aufwendiger zu pflegen und zu halten sei als ein garantierter.

Die Erfahrung, dass manche Hausbesitzerinnen und -besitzer ihre Feuerungsanlagen nun weniger regelmässig warten, macht Ueli Lütolf nicht. Die meisten Kaminfegerbetriebe meldeten sich in einem Erinnerungsturnus weiterhin bei ihrer Kundschaft. Diese sei gut beraten, die Anlagen kontrollieren zu lassen: «Wurde die Wartung vernachlässigt, droht im Schadenfall eine Kürzung der Versicherungsleistungen.» Mit Blick auf die vergangenen Monate sagt Lütolf: «Die Zahl der Aufträge dürfte wohl bei fast allen Betrieben eher zugenommen haben.»

Wer bleiben will, muss umdenken

Dass das Jahr aus Sicht der Kaminfegermeister so erfreulich verlief, hatte freilich noch andere Gründe: Die drohende Energiemangellage hatte im Herbst bekanntermassen dazu geführt, dass so manches heimische Cheminée wieder in Betrieb genommen – und vorher von der Fachperson kontrolliert wurde.

Der vorübergehende Ansturm aufs Cheminée mag allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die klassische Arbeit der Kaminfeger immer weniger benötigt wird. Immer häufiger werden Holz-, Öl- und Gasfeuerungsanlagen in Neubauten nicht mehr verbaut oder bei Renovierungen durch Wärmepumpen ersetzt. Was aus ökologischen Überlegungen klarerweise Sinn mache, sei aus Sicht der Kaminfeger ungünstig: Für sie gibt es an einer Wärmepumpe nichts mehr zu tun.

Entsprechend würden viele Berufskollegen ihr Fachgebiet erweitern, sagt Lütolf, indem sie sich etwa auf dem Gebiet der Lüftungsreinigung, Energieberatung oder im Brandschutz weiter spezialisierten.