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Die Erwartungen waren hoch – aber das Interesse klein: Blick-TV als Fernsehsender ist gescheitert

Ein linearer Online-Fernsehsender hätte Blick-TV werden sollen. Der Plan ging nicht auf. 17 News-Sendungen pro Tag waren es am Anfang, nun sind es noch drei. Die Redaktion produziert wieder Abrufvideos.

Vom grossen Plan ist wenig übrig geblieben. Ein linearer Fernsehsender im digitalen Raum hätte Blick-TV werden sollen. Ringier startete das Projekt Anfang 2020. Funktioniert hat es nicht. In den vergangenen Monaten hat das Medienunternehmen darum massive Einschnitte an Blick-TV vorgenommen.

Von morgens um 6 bis abends um 23 Uhr wurde zu jeder vollen Stunde eine Sendung ausgestrahlt. Sie dauerte 15 Minuten und wurde dreimal wiederholt. Zwei Moderatoren präsentierten das Programm. Das ist Vergangenheit. Auch den sogenannten Stream gibt es nicht mehr: Wer auf seinem Handy die Blick-App anklickte, sah im unteren Teil Blick-TV. Dieser Streifen ist jetzt weg.

17 Nachrichtensendungen waren es pro Tag. Wie Daniel Riedel, Mediensprecher von Ringier, erklärt, sind es nun noch deren drei: «Blick am Morgen» um 7 Uhr, am Mittag den «Fokus» zum Thema des Tages und um 17 Uhr «Der Tag in 5 Minuten.»

Blick-TV zeigt ausserdem Livesendungen über wichtiges aktuelles Geschehen. Seit der russischen Invasion in die Ukraine sind viele Beiträge über dieses Thema zu sehen; politische und militärische Experten ordnen den Kriegsverlauf ein. Manchmal soll das Publikum aber auch minutenlange Werbefilme erdulden: Ein Paar unterhält sich angestrengt darüber, warum es welche Produkte bei einem Schweizer Grossverteiler kauft.

Im Wesentlichen ist Blick-TV zum Konzept zurückgekehrt, das vor dem Jahr 2020 angewandt worden war. Es konzentriert sich auf die sogenannten Videos-on-Demand, auf Abrufvideos. Sie sind zum Teil den drei Nachrichtensendungen und den Live-Einschaltungen entnommen und werden schnell auf der Website platziert.

SRF nachzustreben – dieser Plan ging nicht auf

Blick-TV wollte ein lineares Fernsehen sein und produziert nun vor allem Abrufvideos. Zu ihnen zählen auch ein wöchentliches Interview des Chefredaktors Christian Dorer, eine Talkshow über Sportthemen sowie eine Sendung über Gesellschaftsklatsch. Und Reto Scherrer, ein Blick-TV-Moderator der ersten Stunde, erhält bald ein eigenes Format.

Ringier-Sprecher Daniel Reidel betont, dass die Videos auf blick.ch pro Tag 650’000 bis 850’000 Mal angesehen würden. An einzelnen Tagen liege die Zahl der Zugriffe sogar bei über einer Million.

Das sind gute Zahlen – sie täuschen aber nicht darüber hinweg, dass der ursprüngliche Plan nicht aufgegangen ist. Wie mehrere Ringier-Mitarbeiter berichten, hat der Chef des Unternehmens, Marc Walder, intern erklärt, dass man «zu lange am linearen Gedanken festgehalten» habe.

Tiefe Nutzerzahlen führen zu geringen Werbeeinnahmen

Walder sagte vor der Lancierung, dass Blick-TV für ihn «eine Herzensangelegenheit» sei. Das klassische Fernsehen in Europa verliert pro Jahr zwischen 6 und 10 Prozent an Werbevolumen. «Bewegte Bilder in Online-Angeboten sind für die Werbewirtschaft ein zunehmend interessantes Umfeld», sagte Walder.

Das setzt aber voraus, dass die Zugriffszahlen auf die Inhalte hoch sind. Bei Blick-TV war das von Anfang an nicht der Fall – und es gab danach keinen erkennbaren Aufwärtstrend. Mitarbeiter berichten, dass die Nutzerwerte für die Angestellten anfänglich sichtbar gewesen seien. Als sich herausgestellt habe, dass das Publikumsinteresse gering sei, hätten die Vorgesetzten die Statistik verschwinden lassen.

Intern kritisierten Mitarbeiter, dass vor dem Start von Blick-TV zu viel Zeit für die Abklärung technischer Belange aufgewendet worden sei – wohingegen man die inhaltliche Arbeit vernachlässigt habe. Darum seien nur wenige Nutzer vom Sender angetan gewesen.

Auch das Erreichen der kommerziellen Ziele rückte in weite Ferne. Für Blick-TV investierte Ringier einen Millionenbetrag – die genaue Summe nennt das Unternehmen nicht. Schon nach weniger als einem Jahr war klar, dass das Projekt redimensioniert werden muss. Marc Walder hatte Blick-TV am Anfang drei Jahre Zeit gegeben, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Die Vorgabe stellte sich schnell als unerreichbar heraus.

Für Blick-TV schuf Ringier im Jahr 2020 nach eigenen Angaben 48 Stellen. Wie viele sind es jetzt noch? Mehrere Moderatoren haben das Unternehmen verlassen. Daniel Riedel erklärt jedoch, dass die Zahl der Stellen unverändert sei.