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Ringier schweigt sich zu allen heissen Themen aus

Das Medienhaus verliert an seiner Jahreskonferenz kein Wort über die Indiskretionen aus dem Departement Berset, von denen Ringier profitierte. Lieber spricht man über den Nutzen künstlicher Intelligenz.

Der intensive Austausch zwischen dem Departement Berset und Ringier-Chef Marc Walder während der Pandemie. Die Suspendierung von Christian Dorer, dem Chefredaktor der «Blick»-Gruppe. Die plötzliche Abberufung von Werner De Schepper, dem Co-Chefredaktor der Zeitschrift «Interview by Ringier». Walders Enthebung von der publizistischen Zuständigkeit für die «Blick»-Gruppe. Über alle diese Vorgänge erfuhr man an der Jahres-Medienkonferenz des Unternehmens Ringier: nichts.

An der Show im Zürcher Löwenbräu-Areal verkündete Marc Walder, dass Ringier im vergangenen Jahr einen operativen Gewinn von 104,9 Millionen Franken erzielt habe, bei einem Umsatz von 932,6 Millionen. Den Reingewinn gibt das Unternehmen, das in 19 Ländern tätig ist, seit einigen Jahren nicht mehr bekannt. 79 Prozent des operativen Gewinns erzielte Ringier mit digitalen Angeboten.

Regeln für Umgang mit künstlicher Intelligenz

«Wir sind bereits in der Zukunft», erfuhren die geladenen Ringier-Kaderleute und die Berichterstatter. Walder sprach lange zum Thema künstliche Intelligenz (KI). Der «Content» werde weltweit enorm zunehmen. Ringier hat vier Regeln im Umgang mit Inhalten erlassen, die mit künstlicher Intelligenz hergestellt werden.

Erstens übernimmt das Unternehmen die volle Verantwortung für Beiträge, die auf KI zurückgehen. Zweitens ist es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verboten, vertrauliche Informationen in eine KI-Anwendung einzuspeisen. Allen Angestellten muss drittens bewusst sein, dass Ringier die Rechte an KI-Anwendungen nicht gehören. Und viertens wird das Unternehmen alle Inhalte kennzeichnen, die mithilfe von künstlicher Intelligenz produziert worden ist.

Auch Verleger und Verwaltungsratspräsident Michael Ringier sprach zum Thema: «Das grösste Risiko wäre, nichts zu tun», sagte er. Ringier wird mit künstlicher Intelligenz arbeiten – aber der Journalismus gewinne an Bedeutung, denn die Konsumenten wollten den Informationen vertrauen.

Ringier hat im vergangenen Jahr eine dritte Unternehmenseinheit neben den Medien und den digitalen Marktplätzen geschaffen: «Sports Media». Die Online-Portale in mehreren Ländern Osteuropas und in Griechenland sollen die Werbung von Sportwetten-Anbietern anziehen.

Chefredaktor der «Blick»-Gruppe ist suspendiert

Warum schwieg Ringier zu den Turbulenzen, die das Unternehmen Anfang Jahr erfassten – und die das Vertrauen, von dem der Verleger sprach, erschütterte? Das Medienhaus verweist auf ein laufendes Rechtsverfahren. Marc Walder sei nicht Beschuldigter, sondern Auskunftsperson.

Im Zusammenhang mit der Suspension Christian Dorers hiess es, man halte zurzeit ein «cultural audit» ab – also eine Prüfung der Betriebskultur. Bei Ringier spricht man fast nur noch Englisch. Ein Leitspruch lautet: «The revolution is beginning, the sky is the limit.» Solange man sich nicht den Kopf daran anschlägt, ist das sicher gut.