Mehr Geld für ETH: Politik durchkreuzt die Sparpläne des Bundesrates
29,2 Milliarden Franken möchte der Bundesrat in den nächsten vier Jahren zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) in der Schweiz ausgeben. Darauf einigte er sich Anfang März. Angesichts der klammen Finanzen des Bundes stand die Landesregierung vor der schwierigen Frage: Soll auch bei der Bildung der Rotstift angesetzt werden? Ja, befand der Bundesrat.Sie müsse ihren Beitrag leisten und zwar 500 Millionen Franken.
Doch wie so oft tut sich das Parlament schwer, wenn es um Sparen geht. Es kommt deshalb nicht überraschend, dass der Nationalrat am Mittwoch die Pläne des Bundesrates durchkreuzt hat. Die grosse Kammer entschied, den BFI-Zahlungsrahmen um 146 Millionen Franken aufzustocken. Das Geld soll in die Berufsbildung, den ETH-Bereich, kantonale Hochschulen und Institutionen der Forschungsförderung fliessen. Den grössten Zustupf erhält mit 100 Millionen Franken der ETH-Bereich.
Damit ist die Strategie der ETH-Spitze aufgegangen. In den letzten Monaten hatte sie auf allen Kanälen die Sparpläne des Bundesrates hart kritisiert.Das trug ihr aus der Bundesverwaltung den Vorwurf ein, die Hochschulen würden die eigene finanzielle Lage schlechter darstellen als diese tatsächlich sei.
Studiengebühren müssen für Ausländer rauf
Auch in der Debatte im Nationalrat musste die ETH Kritik einstecken. Stefanie Heimgartner (SVP/AG) warf die Frage auf, warum sie sich gegen den Sparauftrag wehre, wenn sie doch riesige Reserven von über 1 Milliarde Franken besässe. Trotzdem scheiterten Anträge im Rat, die Gelder für die ETH zu kürzen.
Für Diskussionen sorgte auch der stark gewachsene Anteil ausländischer Studierender an den Hochschulen in Zürich und Lausanne. Man müsse sich die Frage stellen, ob es eine Grenze dieses Wachstums gebe, sagte Peter Schilliger (FDP/LU). Der Zustrom bezahle sich nicht von selbst. Dieser Ansicht war auch der Nationalrat. Mitte-Rechts beschloss, die ETH-Studiengebühren für Ausländer mindestens zu verdreifachen.
Bundesrat Guy Parmelin argumentierte vergeblich, seit 2010 stünde den beiden Hochschulen dieser Weg bereits offen. Er warnte davor, in die Autonomie des ETH-Rates einzugreifen. Fabien Fivaz (Grüne/NE) warf ein, zwei Drittel der ausländischen Studierenden würden nach ihrem Studium in der Schweiz arbeiten und so zum Erfolgsmodell Schweiz beitragen.
Schwächung der wichtigsten Ressource
Was der generelle Zahlungsrahmen anbelangt, gewichtete der Nationalrat die Bildungsausgaben höher als ein ausgeglichener Bundeshaushalt. Es müsse gezielt in Schlüsselakteure investiert werden, «um langfristige Vorteile für die gesamte Volkswirtschaft zu sichern», betonte Katja Christ (GLP/BS) im Namen der Bildungskommission. Mehrere Redner kritisierten den Bundesrat dafür, die wichtigste Ressource der Schweiz zu schwächen.
Simon Stadler (Mitte/UR) führte im Namen der Finanzkommission auch die Entstehungsgeschichte der BFI-Botschaft ins Feld. Ursprünglich hätten die Bildungsinstitutionen ein nominales Wachstum von 2,5 Prozent gefordert. Nach der Vernehmlassung habe der Bundesrat den bereits abgeschwächten Vorschlag von 2 Prozent nochmals um 0,4 Prozentpunkte gekürzt.
Bei der SVP und Teilen der FDP kam diese Argumentation nicht gut an. Die Bildung sei in der Tat wichtig für das Erfolgsmodell der Schweiz, sagte FDP-Nationalrat Schilliger. Doch ebenso eine stabile Finanzierung des Bundeshaushaltes. Krisen wie Covid-19 oder der Krieg in der Ukraine hätten die Prioritäten verschoben. Diese Folge sei «ein gemässigtes Wachstum von immer noch 1,6 Prozent», sagte Schilliger. Nach den jüngsten Entscheiden des Nationalrates sind es 1,7 Prozent. Nun beugt sich der Ständerat über das Geschäft.