Menziken: Weil die Politik zu lange braucht, will die Gemeinde die Deutschförderung von Kleinkindern in die eigene Hand nehmen
Die Gemeinde Menziken will den Besuch von Spielgruppen subventionieren. Ziel ist die Deutschförderung vor dem Kindergarten. An der Gemeindeversammlung vom 6. November soll das Stimmvolk darüber entscheiden.
Seit dem Schuljahr 2021/22 gehört Menziken zur Pilotregion des kantonalen Projekts «Deutschförderung vor dem Kindergarten».Koordiniert wird das Projekt von der Stelle «Frühe Kindheit» von Impuls Zusammenleben aargauSüd.
Ziel des Projekts ist es, Kinder, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, ein Jahr vor dem Kindergarteneintritt zu fördern. Diese Sprachförderung findet in Spielgruppen oder Kindertagesstätten statt. Neben der Sprachförderung geht es auch um die Stärkung der Sozialkompetenzen der Kinder.
94 Prozent der Eltern haben Fragebogen ausgefüllt
Die Finanzierung des Pilotprojekts durch den Kanton läuft jedoch im Sommer 2025 aus. «Die Gemeinden sind nun gefordert, die Situation gänzlich neu zu beurteilen», heisst es in der Vorlage zur Wintergmeind.
Seit Beginn des Pilotprojekts standen durchschnittlich 94 Kinder im Gemeindegebiet ein Jahr vor dem Eintritt in den Kindergarten, so die Vorlage. Der jeweilige Förderbedarf wird mittels Sprachstandserhebung eruiert. Dafür hat die Universität Basel einen Fragebogen entwickelt.
«Darin wird zum Beispiel abgefragt, wie die Eltern mit dem Kind reden, wie oft die Kinder mit anderen Kindern spielen oder wie viele deutschsprachige Medien konsumiert werden», erzählt Natalie Ammann, Leiterin des Fachbereichs «Frühe Kindheit» bei Impuls Zusammenleben.
«Der Fragebogen ist in 14 Sprachen verfasst, 94 Prozent der Eltern, die wir angeschrieben haben, haben diesen tatsächlich auch ausgefüllt», so Ammann. Davon sei sie selbst angenehm überrascht.
Für Kinder, bei denen ein Förderbedarf festgestellt wird, stellen wir einen Gutschein für die Teilnahme an einer Spielgruppe aus», so Ammann. Und 85 Prozent dieser Gutscheine seien auch tatsächlich genutzt worden, nennt Ammann noch eine überraschend gute Zahl. Und: «Auch von den übrigen 15 Prozent waren einige Kinder in Spielgruppen oder Kindertagesstätten angemeldet, nutzten nur den Gutschein nicht.»
«Im ersten Jahr des Pilotprojekts hat das Telefon bei mir sturmgeläutet», erinnert sie sich. «Die Leute wollten wissen, was eine Spielgruppe überhaupt ist, und hatten viele andere Fragen.» Es gebe eben Kulturen, in denen man Spielgruppen oder Kindertagesstätten nicht kenne.
Im Laufe der Jahre hätten die Anrufe aber deutlich abgenommen. «Es hat sich herumgesprochen unter den Familien mit kleinen Kindern, was wir ihnen da für ein Angebot machen», ist Ammann überzeugt.
Ende des Schuljahres läuft das Pilotprojekt erst mal aus. Der Kanton will die Sprachförderung zwar künftig flächendeckend anbieten, müsse dafür aber zuerst eine gesetzliche Grundlage schaffen», heisst es in der Broschüre der Gemeinde Menziken. Mit dem flächendeckenden Angebot sei nicht vor 2028 zu rechnen.
«Schade, dass die Zeit nicht besser genutzt wurde»
«Schade, dass man die Zeit, in der das Pilotprojekt lief, nicht schon genutzt hat, um diese gesetzliche Grundlage zu schaffen», bedauert Natalie Ammann. Jetzt müssten die Gemeinden der Pilotregion – dies waren alle Gemeinden im Gebiet von aargauSüd – sich selbst darum kümmern, ob und wie sie dieses Angebot weiterführen.
«Bislang waren die Kräfte dafür bei uns gebündelt und die Zahlen zeigen den Erfolg des Angebots.» Ammann macht deutlich, dass viele Familien dieses ohne die Gutscheine für die Spielgruppen nicht angenommen hätten.
Aus Sicht einer erfolgreichen Integration sollten die Gemeinden dies weiterführen, ist Ammann überzeugt. Sonst entstehe eine Lücke im Angebot von mindestens drei Jahren. Genau dies will man in Menziken vermeiden und bringt das Thema vor das Stimmvolk.
Bislang besteht das Angebot aus zweimal zweieinhalb Stunden pro Woche für ein Kind mit Förderbedarf. Die Gemeinde will die Gutscheine für die Spielgruppe künftig allen Kindern anbieten, nicht nur jenen mit einem Förderbedarf. Dafür soll der Gutschein nur für jeweils einmal die Woche für zweieinhalb Stunden gelten. Dafür rechnet man im Gemeinderat mit jährlichen Kosten von 1000 Franken pro Kind.