Asylsystem am Anschlag: Politik zeigt sich besorgt über Entwicklung
Letzte Woche hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) seine Prognose nach oben korrigiert: Bis Ende Jahr soll die Zahl der Asylgesuche auf mindestens 22’000 steigen. Auf dem Höhepunkt der Migrationsbewegung im Jahr 2015 war sie zwar doppelt so hoch – nämlich 40’000. Allerdings herrschte damals auch kein Krieg in Europa. Seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 fliehen Tausende Ukrainerinnen und Ukrainer in die Schweiz.
Diese eingerechnet erwartet das SEM mehr als 100’000 Personen, die dieses Jahr um Schutz ersuchen. Die Folge: Das Asylsystem gerät an den Anschlag. Gestern Donnerstag legte Staatssekretärin Christine Schraner Burgener dar, wie der Bund der Herausforderung begegnet und verhindert, dass Geflüchtete unter freiem Himmel schlafen müssen.
Nicht mehr Geld für Asylbereich
Thema war die Entwicklung auch in einer Sitzung der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates. Im Anschluss zeigte sie sich besorgt über die steigende Zahl an Asylgesuchen. «Die bereits angespannte Lage im Asylbereich spitzt sich zu und die Prognosen für den Herbst generieren grosse Herausforderungen für Bund und Kantone», teilten die Parlamentsdienste am Freitag mit.
Die Kommission nehme zur Kenntnis, dass in den Bundesasylzentren die Kapazitätsgrenzen erreicht sind und Asylsuchende früher an die Kantone zugewiesen werden. Diese Massnahme dürfe nur vorübergehender Natur sein und nicht zu Verzögerungen bei den Entscheiden führen, betont die Kommission. «Der Kern der Asylgesetzrevision, nämlich raschere und zentralisierte Verfahren, darf nicht verwässert werden.» Die Lage entschärfen könnten auch beschleunigte Verfahren und die stärkere Priorisierung bei der Behandlung der Gesuche.
Trotz dieser Besorgnis verzichtet die Kommission vorerst darauf, aktiv zu werden. So hat sie es abgelehnt, das SEM-Budget im Voranschlag 2023 zu erhöhen oder zu kürzen. Sie vertraue auf «die Prognosen und entsprechende Budgetierung des SEM».