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Nach Rauswurf von Probenleiter: Bühnen Bern wollen künftig Mitarbeitende besser schützen

Die Bühnen Bern haben kürzlich den Probenleiter des Ballett-Ensembles wegen Missbrauchsvorwürfen entlassen. Nun gelobt das Kulturhaus, künftig genauer hinschauen zu wollen und präventive Massnahmen zu verbessern. 

Ein Missbrauchsskandal schüttelt aktuell die Bühnen Bern durch. Im September wurden Vorwürfe gegen einen Probenleiter des Ballett-Ensembles in der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit publik. Dabei kam ebenfalls ans Licht, dass er bereits in Vergangenheit wegen Missbrauchsvorwürfen verwarnt und vorläufig dispensiert worden war.

Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter.
Keystone

Die Bühnen Bern haben zu den jüngsten Vorwürfen eine Untersuchung eingeleitet und nach deren Abschluss den Probenleiter vor zwei Wochen fristlos entlassen. Nun standen am Mittwoch die Verantwortlichen des Berner Kulturhauses vor den Medien Red und Antwort. Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter bestätigte, dass es bei den jüngsten Vorwürfen um einen konkreten Einzelfall geht. «Dies macht die Situation nicht weniger dramatisch», räumte sie ein.

Prävention war ungenügend

Konkret berichtete die betroffene Person von übergriffigem Verhalten bei Premierenparties. Weitere Personen konnten die Vorfälle bestätigen, wie die von der Firma «BeTrieb» durchgeführte Untersuchung aufzeigte. Die Stiftungsratspräsidentin sprach der betroffenen Person die «volle Solidarität» der Bühnen Bern aus und gelobte: «Wir müssen alles Erdenkliche unternehmen, damit solche Vorfälle sich nicht wiederholen.»

Intendant Florian Scholz.
Keystone

Auch Intendant Florian Scholz sprach erneut seine Bestürzung aus über den Vorfall und zeigte sich selbstkritisch: «Wir müssen uns der bitteren Tatsache stellen, dass die präventiven Massnahmen nicht ausreichend waren, um diesen erneuten Vorfall zu verhindern.» Das Kulturhaus wolle deshalb weitere Massnahmen zum Schutz aller Mitarbeitenden erarbeiten. Nun brauche es einen langfristigen Prozess, sagte Nadine Borter. «Wir werden ganz genau hinschauen.»

Probenleiter erhielt zweite Chance

Die Verantwortlichen des Berner Kulturhauses verteidigten aber auch ihre Entscheidung, dass sie den Probenleiter nicht bereis 2021 entlassen haben, als erstmals Vorwürfe gegen ihn erhoben wurden. Eine Untersuchung der Firma «BeTrieb» hatte zwar verbale sexuelle Belästigung festgestellt, nicht aber körperliche Übergriffe.

Zum damaligen Zeitpunkt wäre eine Entlassung gemäss Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter nicht angemessen gewesen. Der Probenleiter wurde vorläufig dispensiert und nach einer unauffälligen Probezeit wieder mit seiner alten Funktion betraut.

Tanzdirektorin Isabelle Bischof. (Archiv)
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Damals seien die Bühnen Bern davon ausgegangen, dass sich der Mitarbeiter an die strikten Vorgaben des Hauses halten würde, sagte Borter. «Heute wissen wir: Diese Einschätzung war falsch.» Tanzdirektorin Isabelle Bischof zeigte sich wiederum enttäuscht, dass der Probenleiter «trotz seiner zweiten Chance und seiner Vorbildfunktion klare Grenzüberschreitungen begangen hat».

Auch Zürich und Basel sind betroffen

Die Bühnen Bern sind indes nicht die einzige Schweizer Kulturinstitution, welche mit Missbrauchsvorwürfen zu kämpfen hat. Im Juni hatte die «Zeit» Missbräuche an der Tanzakademie Zürich aufgedeckt.

Zudem soll es auch an der Ballettschule Theater Basel gemäss einem Artikel von «NZZ am Sonntag» und «Bajour» jahrelang zu Übergriffen gekommen sein. Ehemalige Schülerinnen und Schüler berichteten darin von Demütigungen und anzüglichem Verhalten durch Schulleitung und Lehrpersonen.