Mit «grosser Lust» und «Feuer» zur EM: Nagelsmann wird neuer deutscher Bundestrainer
Julian Nagelsmann ist wie elektrisiert. Mit Haut und Haaren hat sich der neue Bundestrainer der historischen Chance Heim-EM verschrieben, im Stile seines Kurzzeit-Vorgängers Rudi Völler will er die Herzen der Fans zurückerobern und ihnen ein Sommermärchen 2.0 schenken. «Ich habe grosse Lust, diese Herausforderung anzunehmen», sagte der jüngste Bundestrainer der Nachkriegsgeschichte am Freitag und versprach: Der Coup mit Völler gegen Vize-Weltmeister Frankreich «war der Anfang. Wir werden im kommenden Jahr ein eingeschworener Haufen sein.»
Und nach drei bitteren Turnierenttäuschungen endlich wieder um den Titel mitspielen? «Wir haben eine Europameisterschaft im eigenen Land. Das ist etwas Besonderes – etwas, das alle paar Jahrzehnte mal vorkommt», sagte der 36-Jährige, der einen Vertrag bis 31. Juli 2024 unterschrieb, nach seiner Inthronisierung in der Frankfurter DFB-Zentrale und versicherte: «Dieser Tatsache, ein grossartiges Turnier in einem grossartigen Land zu haben, ordne ich alles unter.»
Von Beginn an der Wunschkandidat
Nagelsmann, erst im März beim FC Bayern freigestellt, «war mit Beginn der Suche unser Wunschkandidat», betonte Völler. Der DFB-Sportdirektor war nach dem Aus für Hansi Flick einen Tag nach der Blamage gegen Japan (1:4) vor knapp zwei Wochen einmalig eingesprungen und hatte der tief gefallenen DFB-Elf neues Leben eingehaucht. In seinem Geiste soll Nagelsmann mit seinen Assistenten Sandro Wagner und Benjamin Glück das EM-Projekt zum Erfolg führen. «Sein Feuer für den Fussball ist spürbar und ansteckend», schwärmte Völler.
Der Publikumsliebling hatte die Suche mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf federführend geleitet, am Freitag stimmten Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung der DFB GmbH ihrem Vorschlag einstimmig zu. Nagelsmann sei «ein herausragender Trainer», urteilte Neuendorf, «wir sind überzeugt, dass er dafür sorgen wird, dass die Nationalmannschaft ihre Fans begeistert und die EURO auch sportlich ein Erfolg wird».
Debüt gegen die USA
Sein Debüt wird Nagelsmann, der für den DFB-Job auf viel Geld aus seinem ursprünglich noch bis 2026 laufenden Bayern-Vertrag verzichtet, auf der US-Tour (ab 9. Oktober) geben. Dort trifft die DFB-Auswahl am 14. Oktober in Hartford auf die USA und am 18. Oktober in Philadelphia auf Mexiko.
Erste Entscheidungen muss er vorher treffen: In der ersten Oktober-Woche wird er seinen Kader für den Trip benennen – und die Kapitänsfrage neu klären. Behält der eben erst ernannte Ilkay Gündogan die Binde? Oder gibt Nagelsmann das edle Stück Stoff seinem Liebling Joshua Kimmich zurück? Auch andere wichtige Personalien wie Manuel Neuer, Leon Goretzka oder Timo Werner harren einer Klärung. Zudem lechzt die DFB-Elf nach einer Spielphilosophie, die auf höchstem Niveau trägt.
Nagelsmann sei dafür der geeignete Kandidat, glaubt Völler. «Er ist nicht nur ein absoluter Fussball-Fachmann, sondern hat auf all seinen Stationen in für einen Cheftrainer sehr jungen Jahren bereits bewiesen, dass er eine Mannschaft und das gesamte Umfeld motivieren und mitreissen kann.» Völler versprach: Mit Nagelsmann werden «wir alle gemeinsam im Sommer eine tolle Europameisterschaft erleben».
Das glauben auch die Kollegen des Hochgelobten. «Ich finde Julian eine ganz tolle Lösung, weil er ein toller Trainer ist», sagte der eigentliche DFB-Traumkandidat Jürgen Klopp vom FC Liverpool und betonte: «Er kann’s!» Das Alter sei «komplett egal».
Thomas Tuchel, in Augsburg einst Chef von Nagelsmann und in München dessen Nachfolger, ergänzte: An «fachlicher Qualität oder Skills» werde es nicht scheitern. Sein früherer Schüler, meinte Tuchel, müsse für eine «Wende» sorgen. Mit viel Lust und Feuer.