Nur Männer auf dem Programm: Sophie Hunger greift Moon&Stars-Festival an – jetzt reagiert die Hauptsponsorin
Die Stars am Moon&Stars sind allesamt männlich. Vom internationalen Headliner wie den Toten Hosen bis zu Schweizer Bands wie Hecht: Auf dem Programm des diesjährigen Festivals in Locarno hat es keine einzige Frau. Das hat die Musikerin Sophie Hunger auf den Plan gerufen. In den sozialen Medien ruft sie dazu auf, das Festival für seinen «aktiven Ausschluss von Frauen» zu boykottieren. «Line-Ups werden über Monate verhandelt, so was passiert nicht einfach», schreibt Hunger.
Die ehemalige Gewinnerin des Schweizer Musikpreises verweist auf eine Reihe von Festivals, die kommerziell erfolgreiche Künstlerinnen gebucht haben und zeigt kein Verständnis dafür, dass selbst bei den Newcomern nur Männer gebucht wurden. Zudem stört sich die Musikerin am Marketing des Festivals, etwa über einen Beitrag zum Muttertag. «Frauen dienen nur den Werbezwecken», schreibt sie weiter. Auf Anfrage von CH Media wollte sie sich nicht mehr weiter zum Thema äussern.
Rückendeckung bekommt Hunger von prominenter Seite: Die Migros als Hauptsponsorin des Festivals schreibt auf Anfrage von CH Media: «Das eher einseitige Programm mutet in der Tat etwas seltsam an.» Die Migros gestalte das Line-Up aber nicht mit und werde mit den Organisatoren das Gespräch suchen, schreibt sie weiter. «Denn Sophie Hungers Kritik lässt sich nicht von der Hand weisen.»
Inhaber macht Branche für Problem verantwortlich
Genau das tun die Veranstalter aber. Dani Büchi, Inhaber des Moon&Stars, sagt gegenüber CH Media: «Das Line-Up besteht grösstenteils aus verschobenen Konzerten von 2020 und 2021. Der Vorwurf, dass es ein gezieltes Ausschliessen von Frauen war, ist absoluter Blödsinn». Und weiter: «Wir sind kein klassisches Festival mit Mehrtagespässen, sondern müssen jeden Konzerttag einzeln verkaufen und das muss betriebswirtschaftlich rentieren.»
In der Vergangenheit sind am Moon&Stars schon bekannte Frauen wie etwa Anastacia oder Amy Macdonald aufgetreten. Doch im Markt, in dem sich das Moon&Stars bewegt, ist es laut Büchi schwierig, genügend Frauen zu finden. «Wir hätten sehr gerne mehr Künstlerinnen auf unserer Bühne. Aber entweder sind diese zu teuer oder noch nicht zugkräftig genug. Und dann ist es natürlich auch immer noch ein Thema der Verfügbarkeit.» Insgesamt bezeichnet Büchi die Ausgewogenheit der Geschlechter als «Branchenproblem», das die Veranstalter nicht lösen könnten.
«Wichtig, dass auf solche Missstände aufmerksam gemacht wird»
Anderer Meinung ist da «Helvetia Rockt». Der Verein setzt sich für Frauen, Inter-, Trans- und nonbinäre Personen in der Schweizer Musikbranche ein. Yvonne Meyer vom Verein lässt nicht gelten, dass Festivals, wie in diesem Fall das Moon&Stars, organisatorische Probleme als Grund angeben. «Es gibt immer mehr Frauen, Inter-, Trans- und nonbinäre Personen in der Musikbranche. Es ist eine Frage des Willens, diese zu finden und zu buchen», sagt sie auf Anfrage von CH Media. «Es ist extrem wichtig, dass auf solche Missstände aufmerksam gemacht wird.»
Die Diskussion über die schlechte Vertretung von Frauen auf Schweizer Festivalbühnen ist nicht neu. Eine Studie der Uni Basel hat im vergangenen Jahr nachgewiesen, dass es gerade im Bereich Pop und Jazz eine massive Untervertretung der Frauen auf Bühnen gibt. Gerade einmal rund 11 Prozent aller Musikschaffenden auf den untersuchten Bühnen und Festivals 2018/19 waren Musikerinnen.