Nach dem Gewinn des BirdLife-Wettbewerbs kommt die ökologische Aufwertung voran
Dicke Post legte ein «Rentnertrüppli» des Naturschutzvereins Zofingen (NVZ) – so formuliert es Hansruedi Sommer mit einem Schmunzeln auf den Lippen – dem Stadtrat Zofingen im August 2021 auf den Tisch. Mit insgesamt 13 Massnahmen sollte der bereits schon vielfältige Naturraum Reuten, Heitern und Bergli ökologisch aufgewertet werden, gleichzeitig sollte er auch besser mit stadtnahen Gebieten vernetzt werden.
Der damalige Stadtrat nahm die Ideen der Naturschützer wohl mit Interesse zur Kenntnis, passiert ist in der Folge aber nicht viel. «Eigentlich erstaunlich», findet das Sommer, denn es sei klar formuliert worden, dass der Stadt bei der Umsetzung der Massnahmen nur geringe Kosten entstehen würden. Des Weitern hat die Gruppe damals auch ebenso deutlich festgehalten, dass im Gebiet keine Verbote ausgesprochen werden sollen, denn der Heitern solle als Hausberg und Naherholungsgebiet weiterhin von der gesamten Bevölkerung genutzt werden können.
Anerkennung erhielt das «silbergraue Kleeblatt» mit Hans Althaus, Hansruedi Sommer, Thomas Tröndle und Christoph Vogel dann von Seiten von BirdLife Aargau. Mit ihrem Projekt «Ökologische Infrastruktur in Stadtnähe» holte sich das NVZ-Quartett beim BirdLife-Wettbewerb «Ökologische Infrastruktur» im März 2022 den ersten Preis, der mit einer Preissumme von 1500 Franken dotiert war.
Auf dem Bergli tut sich was
«Nun ist Bewegung ins Projekt gekommen», stellt Hans Althaus befriedigt fest. Sichtbar wird das insbesondere im Areal des Friedhofs Bergli. Der Friedhof wird, wie in anderen Städten und Dörfern auch, naturnäher. Auf ersten, nicht mehr für den ursprünglichen Zweck benötigten Rasenflächen – über 80 Prozent der Menschen lassen sich heute kremieren – wurde Saatgut für eine Blumenwiese eingestreut. Der Goldfischteich wurde zu Gunsten laichender Amphibien umgestaltet. «Ausstieghilfen für die Amphibien wurden erstellt und der Weiher wurde bereits auch bepflanzt, damit die Amphibien später über Schattenspender und Rückzugsorte verfügen», sagt Althaus.
Besonders augenfällig ist die freie Sicht aufs Tal und die Jurahöhen, seit der Werkhof Anfang Januar die Kirschlorbeer-Hecke am Westrand des Friedhofs gerodet hat. «Mit der Beseitigung dieses Neophyten wurde der ursprüngliche Charakter des Friedhofs aus den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts wieder hergestellt», sagt Sommer. Ebenfalls ins Auge stechen dem Friedhof-Besuchenden die zehn Kleinstrukturen, die Mitglieder des Naturschutzvereins entlang des den Friedhof umgebenden Zauns im Januar erstellt haben. «Es sind Wieselburgen mit Aufzuchtkammern, die aber selbstverständlich auch von Vögeln, Blindschleichen oder Erdkröten genutzt werden können», sagt Althaus.
Einen weiteren Schritt vorwärts in der Umgestaltung des Friedhof-Areals geht es dann am 4. März. «Wir pflanzen entlang dem Zaun am Westrand des Friedhofs eine naturnahe Hecke, die ergänzt wird mit kleinen Ruderalflächen für Wildbienen», erklärt Althaus. Insgesamt sei die Pflanzung von 173 Sträuchern und Bäumen vorgesehen, ergänzt Sommer. Rund 15 verschiedene Arten aus einem Standardsortiment aus einheimischen Heckenpflanzen hat der Naturschutzverein bestellt. Dazu kommen einzelne Bäume wie der Speierling oder die Elsbeere und natürlich auch viele Dornensträucher wie Schwarz- und Kreuzdorn sowie verschiedene Rosen. Sie bieten vielen Vogelarten den notwendigen Schutz und die Möglichkeit zum Rückzug.
Ein dickes Lob sprechen die vier NVZ-Mitglieder dabei dem Zofinger Werkhof aus. «Die Zusammenarbeit mit Christoph Wälti (Leiter Werkhof), Walter Gander (Teamleiter Stadtgrün) und dessen Stellvertreter Guido Stocker funktioniert ausgezeichnet», hält Sommer fest. «Wir werden vom Werkhof in jeder Hinsicht unterstützt – das Gleiche gilt natürlich auch für die Mitarbeitenden des Forstbetriebs Region Zofingen.»
Der Neuntöter soll zurückkehren
Auch am Südhang des Berglis, unterhalb des Alpenzeigers, sind weitere Massnahmen zur Steigerung der Biodiversität vorgesehen. «Hier hat 1985 der letzte Neuntöter gebrütet», weiss Althaus. Seither sei der Vogel des Jahres 2020 als Brutvogel aus dem Gemeindegebiet leider verschwunden. «Man wird sehen», sagt Althaus weiter, «ob es mit geeigneten Massnahmen gelingen wird, den Neuntöter wieder zurückzuholen.» Die wichtigste Massnahme, welche der NVZ dem Stadtrat vorgeschlagen hat, ist bereits umgesetzt: die Neuverpachtung des Lands an einen Bio-Landwirt. Des Weitern ist dort die Pflanzung einer dornenreichen Hecke sowie weiterer Kleinstrukturen angedacht.
Helfende Hände für den Aufbau von Wieselburgen
Und schliesslich soll es auch noch in den Reuten einen weiteren wichtigen Schritt vorwärtsgehen. «Die Obstbäume in den Reuten sind generell in einem schlechten Zustand», sagt Thomas Tröndle. Aus verschiedenen Gründen. Einerseits sei der teilweise sehr abschüssige Boden stark ausgelaugt – man werde ihm in Zukunft Kalk zuführen müssen. Andererseits sei auch der Mäusedruck, gerade auf die jungen Bäume, sehr gross. Etwas Abhilfe habe man diesbezüglich mit dem Setzen von Greifvogelstangen in der Nähe der jungen Bäume geschaffen, denn Mäusejäger wie Bussard oder Turmfalke können auf den schwachen Ästen der Jungbäume nicht landen.
Mit dem Bau von sechs weiteren Wieselburgen will man einen flinken Mäusejäger am Boden ebenfalls fördern. Am Samstag, 25. März, sollen die Wieselburgen in den Reuten gebaut werden – und interessierte Zofingerinnen und Zofinger sind zum Mithelfen eingeladen. Dabei sind insbesondere Familien mit Kindern angesprochen – wann kann man schon eine ganze Behausung erstellen, die dem Tier des Jahres 2018 Unterschlupf bieten soll? Inklusive Aufzuchtstube, in der das Hermelin oder das Mauswiesel, die beide unter dem Oberbegriff Wiesel zusammengefasst werden, ihre Jungen aufziehen.
Wieselburgen mit Aufzuchtkammern bauen – Helferinnen und Helfer gesucht
Datum: Samstag, 25. März, 13.30 bis spätestens 17 Uhr
Besammlung: Bei der Materialhütte auf dem Heitern
Zvieri wird vom Naturschutzverein offeriert
Familien mit Kindern sind herzlich willkommen