Nach Hamas-Tweet: Uni Bern löst umstrittenes Institut auf
Die Universität Bern greift nach dem Wirbel um Tweets eines Dozenten, in denen er Sympathien für die Hamas ausdrückte, durch: Das Institut für Studien zum Nahen Osten und zu muslimischen Gesellschaften (ISNO) wird in seiner jetzigen Form aufgelöst, wie die Universität Bern am Donnerstag mitteilte. Bis zur Einsetzung einer neuen Struktur werde es vorübergehend der Aufsicht der Fakultätsleitung unterstellt.
Die Administrativuntersuchung stellte Mängel in der Führung des Instituts fest, «namentlich bei der Einstellung von Personal», wie die Uni Bern schreibt. Die Co-Institutsleiterin Serena Tolino werde dafür abgemahnt. Sie war während der Administrativuntersuchung von den Aufgaben entbunden wurden, wird nun aber wieder im Amt eingesetzt.
Die Administrativuntersuchung war eingeleitet worden, nachdem antisemitische Tweets eines inzwischen entlassenen Dozenten bekannt wurden. Er hatte am ISNO gelehrt und ist pikanterweise mit dessen Co-Leiterin Tolino liiert.
Primär aus eigenem Netzwerk rekrutiert
Der Bericht der Administrativuntersuchung zeigt auf, dass beim fraglichen Institut einiges im Argen lag. Das Fazit: «Im Rahmen bestehender Strukturen erscheint die entstandene Mangelsituation am ISNO kaum überwindbar.»
Die Leitung des Instituts kommt im Bericht schlecht weg. Bei Stellenbesetzungen habe sie sich primär am eigenen Netzwerk orientiert. Und: Sie habe ein «bedauerliches Unverständnis für den Wissenstransfer als Chefsache in einem medial äusserst exponierten Fach gezeigt», heisst es im Bericht. «In dieser doppelten programmatischen Kurzsichtigkeit ist die Wurzel des Vertrauensverlustes am ISNO zu erkennen.»
Laut der Administrativuntersuchung war das Institut «stark polarisiert» – sprich: zwei Lager stritten sich. Auf der einen Seite standen demnach die Institutsleitung mit einer Mehrheit der Mitarbeitenden und Studierenden. Ihre Sicht: Die Tweets des entlassenen Mitarbeiters seien absolut inakzeptabel gewesen, die Vertrauenskrise am ISNO sei aber zum grossen Teil auf die negative Wirkung eines Mitarbeiters und wenige Studierender zurückzuführen, die sich dem neuen Konzept für Lehre und Forschung am ISNO systematisch widersetzt hätten
Auf der anderen Seite stehe eine kleinere Gruppe von Mitarbeitenden und Studierenden, die sagen,die Vertrauenskrise am ISNO sei durch die «ideologische Intoleranz und die berufliche Unerfahrenheit» der Institutsleitung entstanden.
Hamas-Massaker als «Geschenk »bezeichnet
Auslöser der Administrativuntersuchung waren antisemitische Tweets eines Dozenten am ISNO. Er hatte sich am Tag der Hamas-Attacke auf Israel beim palästinensischem Widerstand für das «beste Geschenk» bedankt. Ein Video, das den Überfall dokumentiert, kommentierte er zynisch mit dem Gruss «Shabbat Shalom» («Friede sei Sabbat»). Die Uni Bern entliess ihn fristlos.
Co-Leiterin Tolino geriet daraufhin ebenfalls in die Kritik. Erstens, weil sie in einer ersten Reaktion die Tweets ihres Partners zwar als «inopportun» bezeichnet hatte, gleichzeitig aber erklärte, ihnen läge «keine antisemitische Intention» zugrunde. Erst später bezeichnete die Institutsleitung die Tweets als inakzeptabel und kündigte disziplinarische Massnahmen an.
Zweitens hat diese Zeitung publik gemacht, dass die Institutsleiterin selbst mit heiklen Tweets aufgefallen ist. So hat sie am Tag des Hamas-Angriffs bei mehreren Tweets auf das «Gefällt mir»-Herz geklickt, die nahelegen, dass sie den palästinensischen Widerstand als legitim betrachtet.
Die Institutsleiterin hat sich auch schon früher aktiv gegen Israel eingesetzt. So unterstütze sie 2016, damals noch an der Universität Zürich tätig, einen Aufruf zum Boykott israelischer Unis. Die Kampagne war Teil der BDS-Bewegung, die Israel international isolieren will, um die Besiedlung der arabischen Gebiete zu beenden. Die Bewegung ist stark umstritten: Ihr wird Antisemitismus vorgeworfen.