Die bekannte Journalistin Alexandra Föderl-Schmid wird vermisst
Alexandra Föderl-Schmid, die stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung» («SZ»), wird im bayrisch-österreichischen Grenzgebiet vermisst. Dies berichtete zunächst die «Passauer Neue Presse». Demnach wird die Journalistin seit Donnerstagmorgen gesucht; ihr Dienstauto soll in der Nähe des Grenzflusses Inn gefunden worden sein. Die Illustrierte «Stern» schreibt in ihrer Online-Ausgabe von einem Abschiedsbrief, den die Journalistin hinterlassen habe. Nun wird befürchtet, sie könnte Suizid begangen haben.
Die 53-jährige Österreicherin ist seit 2020 stellvertretende Chefredaktorin des Münchner Blatts. Von 2007 bis 2017 war Föderl-Schmid Chefredaktorin des Wiener «Standard», dann wechselte sie zur «SZ», für die sie zunächst als Korrespondentin aus Israel berichtete.
Im Dezember hatte das Branchenportal «Medieninsider» berichtet, Föderl-Schmid habe in Beiträgen über die Lage im Nahen Osten Textpassagen anderer Autoren wörtlich übernommen. Die Journalistin räumte ein, möglicherweise Fehler gemacht zu haben, erklärte aber auch, Lexikon-Texte könnten «keinen Anspruch auf journalistische Originalität» erheben.
Föderl-Schmid geriet nun in die Mühlen eines Kulturkampfes, der nicht zuletzt im Internet ausgetragen wurde: Einige nutzten die Gelegenheit, der linksliberalen «SZ» am Zeug zu flicken und kommentierten die Verfehlungen der Journalistin teils hämisch. Judith Wittwer und Wolfgang Krach, die beiden Chefredaktoren der «SZ», stellten ihre Kollegin intern als Opfer einer rechten Kampagne dar.
Dass «Medieninsider» ausführlich aus einer Aussprache der «SZ»-Redaktion über den Fall zitierte, führte dazu, dass die Chefredaktion des Blattes in Absprache mit dem Betriebsrat und dem Redaktionsausschuss die elektronische Kommunikation der Redaktoren untersuchen liess. So sollten der oder die Informanten ausfindig gemacht werden, die «Medieninsider» aufmunitioniert hatten. Die Untersuchung blieb ohne Ergebnis und führte zu Kritik der Organisation Reporter ohne Grenzen.
Der öffentliche Druck auf Föderl-Schmid nahm derweil zu: Diese Woche berichtete das reisserische, politisch rechts angesiedelte Online-Portal «Nius», das von dem früheren «Bild»-Chefredaktor Julian Reichelt geleitet wird, über weitere mutmassliche Plagiate Föderl-Schmids, die deren Arbeit in Israel, aber auch ihre 1996 eingereichte Dissertation betreffen.
Der österreichische Kommunikationswissenschafter Stefan Weber, von Medien häufig als «Plagiatsjäger» bezeichnet, hatte die Arbeit im Auftrag von «Nius» untersucht und war dabei nach eigenen Angaben auf «Plagiatsfragmente» gestossen. Daraufhin kündigten die Universität Salzburg und die «SZ» Untersuchungen an; um die Prüfung durch die Uni hatte Föderl-Schmid selbst gebeten. Die «SZ» setzte eine externe Kommission ein, der unter anderem der frühere «Spiegel»-Chefredaktor Steffen Klusmann angehört. Föderl-Schmid kündigte an, sich bis zum Abschluss der Prüfung aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen.